„Alle wollen Burger essen, aber niemand deshalb die Kuh kennenlernen.“
Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer („Top Gun“, „Con Air“) ist mächtig angefressen. Schließlich geht mit Michael Bay („Pearl Harbor“, „Bad Boys I + II“) einer seiner Hausregisseure plötzlich fremd. Schuld daran trägt Steven Spielberg, der Bay unbedingt für die Inszenierung des von seiner Produktionsschmiede Dreamworks finanzierten Sci-Fi-Thrillers „Die Insel“ verpflichten wollte. Dass sich der 40-jährige da nicht lange bitten ließ, bleibt nachvollziehbar. Denn die Story um flüchtige Klone, die von ihren Schöpfern als organische Ersatzteillager missbraucht werden, verspricht neben spannender Unterhaltung vor allem Zündstoff in der Diskussion um Genforschung und menschliches Streben nach Perfektion.
Aber wie so häufig bei überfinanzierten Großproduktionen steht auch hier Verpackung über Inhalt. Und da der Regisseur Michael Bay heißt, bekommt die stilisierte Hülle zudem reichlich Markenlogos eingestanzt. Dabei geht es jedoch längst nicht mehr um die gewohnheitsmäßigen Produktplatzierungen, sondern um die Einbetonierung feilgebotener Industriegüter und konzerneigener Schaltstellen in das Gefüge des Handlungsablaufs. Darauf bettet sich Bays Erfolg ebenso, wie auf sublimierende Actioneinlagen der Superlative. Auch davon bietet „Die Insel“ reichlich. Auf der Strecke bleibt wie so häufig das Publikum, welches als Spielball der Kinoindustrie einmal mehr über wogende Wellen des Kommerzes getragen wird.
Für die Publikumswirksamkeit des Blockbusters bürgt dessen Besetzung. Ewan McGregor („Star Wars – Episode I – III“) und die zur Diva aufgebauschte Scarlett Johansson („Lost in Translation“) spielen die Klone Lincoln Six-Echo und Jordan Two-Delta. Wie unzählige Artgenossen werden sie in einem futuristischen Laborkomplex eingepfercht, im Glauben, eine atomare Katastrophe hätte die Erde verwüstet. Einzige Bastion der verstrahlten Außenwelt ist „Die Insel“, ein schier magisches Paradies, über dessen Bewohner ein Losverfahren entscheidet. In Wahrheit aber blüht den Auserwählten im Namen des Wohlbefindens ihrer menschlichen Ebenbilder der Tod. Als Lincoln Six-Echo hinter das Geheimnis blickt, flüchtet er mit Jordan Two-Delta. Die Schergen von Konzernchef Merrick (Sean Bean, „Der Herr der Ringe“) aber sind der heißen Ware bereits auf den Fersen.
Fraglos ist „Die Insel“ actionreich und gut in Szene gesetzt – und mit Steve Buscemi („Reservoir Dogs“), Djimon Hounsou („Blood Diamond“) und Michael Clarke Duncan („The Green Mile“) auch in Nebenrollen gut besetzt. Michael Bay ist ein Routinier, der sich perfekt auf die Verwirklichung reißerischer Kinoträume versteht. Sein jüngstes Werk bildet da keine Ausnahme, obgleich auch dieses Opus wie ein Tummelplatz kompensierter kindlicher Wunschvorstellungen anmutet. Mit dem wesentlichen Unterschied, dass Spielzeugautos modernen Boliden gewichen sind und Wasserpistolen einem Arsenal an Hi-Tech-Waffen. „Ich wünschte da wäre mehr“, sagt Ewan McGregor zu Beginn und spricht damit das Hauptproblem des gesamten Films an. Denn jenseits der bunten Bilderflut klafft ein vorhersehbares und überlanges Vakuum, dass nur schwer zu einer ausgewogenen Einheit fusionieren will.
Wertung: (5 / 10)