Es fällt schwer, auf internationaler Ebene Unterhaltungsfilme auf kindgerechtem Niveau auszumachen, die auf den obligatorisch erhobenen Zeigefinger verzichten. Die amerikanischen Entertainment-Mogule um Disney und Co. vermögen ohne eine gehörige Portion moralinen Zuckerguss bekanntermaßen kaum einer Produktion grünes Licht zu gewähren und auch großangelegte europäische Projekte scheinen davor kaum gefeit. Umso erstaunlicher scheint, dass einer der besten Familienfilme der letzten Jahre in den Niederlanden das Licht der Welt erblickte.
Dieser trägt den Titel „Die geheimnisvolle Minusch“ und basiert auf dem beliebten Kinderbuch gleichen Namens aus der Feder der Autorin Annie M. G. Schmidt. Der gewaltige nationale Erfolg der 6 Millionen Euro teuren Produktion, die in den Niederlanden allein eine runde Million Zuschauer in die Lichtspielhäuser lockte und dadurch sogar das zweite „Harry Potter“-Abenteuer hinter sich ließ, bescherte der kleinen Kinoüberraschung schließlich einen Vertrieb auf internationaler Ebene.
Der erfolglose Reporter Tibbe (Theo Maassen) fristet im „knallharten“ Journalistengeschäft der niederländischen Kleinstadt Killendoorn ein berufliches Schattendasein. So erscheint es kaum verwunderlich, dass seine Chefin ihm eines Tages ein Ultimatum unterbreitet, nach dem Tibbe entweder bis zum Folgetage einen druckreifen Artikel ausarbeitet oder gemäß der Nichterfüllung seiner Arbeit selbige verliert. Doch das Schicksal scheint dem gutmütigen Tibbe wohlgesonnen, macht er doch die Bekanntschaft der geheimnisvollen Minusch (Carice van Houten). Die flüchtet vor Hunden auf Bäume, vertilgt am liebsten rohen Fisch und präsentiert sich von Zeit zu Zeit äußerst kratzwütig. Dass Fräulein Minusch zudem die Gabe besitzt, mit Katzen zu kommunizieren, liegt der Tatsache zugrunde, dass sie selbst einen samtpfotenen Artgenossen darstellt.
Doch gibt ein Fass voller giftiger Chemikalien den Anstoß für Minuschs Verwandlung in einen Zweibeiner. Tibbe nimmt die sonderbare Frau bei sich auf und wird im Gegenzug mit allerlei brandheißen Neuigkeiten versorgt. Denn den eingeschworenen Katzen von Killendoorn entgeht nichts, auch nicht die dunklen Machenschaften des Fabrikbesitzers und Ehrenbürgers der Stadt, Herr Ellemeet (Pierre Bokma). Und so machen sich Tibbe, Minusch und das Nachbarsmädchen Bibi (Sarah Bannier) ans Werk, dem Schurken das Handwerk zu legen. Nebenbei muß sich Minusch aber noch entscheiden, ob sie ihr zukünftiges Leben auf vier oder auf zwei Beinen fortführen möchte.
Unter der Regie des 29-jährigen Belgiers Vincent Bal entstand ohne gewaltiges Budget oder ein überfrachtendes Effektgewitter ein liebenswertes Stück Kino voller Fantasie und Wortwitz. Natürlich werden auch hier Werte wie Freundschaft und Aufrichtigkeit vermittelt, doch geschieht dies weitaus dezenter und weniger plump als in der Mehrzahl der zu uns geschwemmten amerikanischen Produktionen. „Die geheimnisvolle Minusch“ weiß vielmehr durch eine ideenreiche Geschichte, die charmante Ausstattung und nicht zuletzt die menschlichen und tierischen Darsteller zu überzeugen. Obendrein hält die famose Kinderbuchadaption auch so manch visuellen Leckerbissen bereit, zeichnet sich für die großartige Kamera doch kein geringerer als der international anerkannte Kameramann Walter vanden Ende („Farinelli“) aus.
Der stimmige Darstellerzirkel um die begeisternde Carice van Houten („Suzy Q“) steuert ihren ganz eigenen Teil zum überaus positiven Gesamteindruck bei. Unterstützt wird die gefragte Mimin vom Franzosen Pierre Bokma („Die Schattenläufer“) und Kabarettist Theo Maassen. „Die geheimnisvolle Minusch“ bietet humorvolle und temporeich inszenierte Unterhaltung für alle Altersklassen. Als heimliche Stars des Filmes entpuppen sich die zahlreichen Katzendarsteller, deren beizeiten recht eigenwillige Art des Schauspielerns durch diverse verpatzte Szenen im Bonusprogramm der DVD-Version kommentiert wird. Schlicht ein Familienfilm, bei dem alles stimmt.
Wertung: (8 / 10)