Als beste Band der Welt hat man Narrenfreiheit. Komplett. In allen Belangen. DIE ÄRZTE sind bekanntlich die beste Band der Welt. Widerworte gibt es nicht. Aber warum auch? Seit 25 Jahren – inklusive der bekannten mehrjährigen Pause – witzeln sich Bela B. und Farin Urlaub durch die deutsche Musiklandschaft und haben dabei Geschichte(n) geschrieben. Im Gegensatz zu anderen Vertretern haben sich DIE ÄRZTE nie allzu ernst genommen, im Grunde war dies ein maßgeblicher Schlüssel zum Erfolg. Genau deswegen gibt es keine zwei Meinungen zu ihrer Musik. Aber seien wir mal ehrlich, auf ganzer Länge können nur die wenigsten Alben der Jungs aus Berlin überzeugen.
Nach ihren gefälligen bis mittelmäßigen Solo-Ausflügen gibt es nun nach vier Jahren Pause das nächste Album. Auch wenn die 40 mittlerweile bei allen überschritten wurde, ist man immer noch lustig und locker unterwegs. Oder etwa nicht mehr? Fakt ist, auch DIE ÄRZTE sind ernster geworden. Den Schalk haben sie zwar immer noch im Nacken, allerdings gönnt sich dieser auch mal die eine oder andere Ruhepause. Auch musikalisch ist „Jazz ist anders“ nicht immer mit älteren Werken der Hauptstädter zu vergleichen. Ungewohnt seicht geht es manchmal zu, poppiger Rock siegt gegenüber den früheren Punkrock-Wurzeln, wenngleich auch diese immer irgendwie „poppig“ waren.
Dennoch ist „Jazz ist anders“ eine typisches DIE ÄRZTE-Platte, kleine Veränderungen gehörten dennoch immer dazu. Der Farin-Opener „Himmelblau“ ist vom Aufbau her ein ÄRZTE-Song durch und durch. Eingängig von vorne bis hinten, mit diesen wunderbaren Melodien und dieser so bekannten Stimme des Herrn Urlaub. Textlich ist „Himmelblau“ hingegen ernster. Bela kontert mit „Lied vom Scheitern“, auch einer ernsthaften Nummer, gefolgt von Rods „Breit“. Dieses ist dann auch das erste Highlight und mit früheren Rod Songs nur schwer vergleichbar. Ein amüsantes Gewitter voller Reime gibt es mit „Lasse redn“, während kurz vor der Halbzeit mit „Junge“ schwere Geschütze aufgefahren werden. Derartig gut hat man DIE ÄRZTE schon länger nicht mehr erlebt.
Danach flacht „Jazz ist anders“ aber leider etwas ab. Eingängig sind sie immer, manchmal verspielt, manchmal auch nur geradeaus. Schnell, langsam, alles dabei. Bei 16 Songs geht „Jazz ist anders“ in der zweiten Hälfte auch mal die Puste aus. Wer sich davon nicht abhalten lässt, kann dann vielleicht über Textzeilen wie „LaLaLa Lustiger Vampir“ lachen. Man kann es letztlich drehen und wenden, wie man will, „Jazz ist anders“ ist typisch DIE ÄRZTE. Ob nun ernst oder spaßig, laut oder ruhig, Fans der besten Band der Welt ist dies ohnehin weitgehend egal.
Wertung: (7 / 10)
https://www.youtube.com/watch?v=YIo2LkBlGXQ