Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Der junge Scott kann davon ein Liedchen singen. Sogar zwei, macht er diese Erfahrung doch gleich in doppelter Hinsicht. Dabei zeigt sich der Wilde Westen, wie er (wohl) wirklich gewesen ist. Zumindest am Beispiel der Kleinstadt Clifton. Dort gibt es keine Gewalt und keine Waffen. Nicht einmal der örtliche Sheriff trägt einen Colt. Der einzige Scharfschütze ist ein Trunkenbold, der kleine Kiesel in die dünnen Hälse leerer Flaschen schnippt. Zu Beginn, und auch hier verlässt Tonino Valeriis „Der Tod ritt dienstags“ den Rahmen typischer Pferdeopern, leert Scott, der von Genre-Star Giuliano Gemma („Blutiges Blei“) gespielt wird, die Scheißhäuser der Einwohner und fegt die Gehsteige. Der gängige Westernheld sieht augenscheinlich anders aus.
Als ungewolltes Kind einer städtischen Hure hat Scott weder einen Vater noch einen Nachnamen. Die Mutter ist lange tot, so dass der Bastard, wie er verächtlich genannt wird, einzig für niedere Arbeiten in Frage kommt. Dabei träumt er nicht nur von der Tochter des Richters, sondern auch vom Leben als Revolvermann. Nach verrichteter Arbeit übt er das pfeilschnelle Ziehen mit der Holzreplik einer Pistole, schließlich kann er sich das echte Modell nicht leisten. Eines Tages kommt der alternde Pistolero Talby in die Stadt, dem der geierhaft spitze Schnitt Lee Van Cleefs („Zwei glorreiche Halunken“) die kaltblütige Undurchsichtigkeit aus allen Poren strömen lässt. Er wird Scotts Leben verändern, gleichwohl das Gesicht der ganzen Stadt.
Talby nimmt sich des Jungen an, schindet ihn und bringt ihm die Kunst des Schießens bei. Den Rest erledigt Scott von allein, schließlich ist er mit dem Finger am Abzug ein Naturtalent. Über Umwege gelangen sie zurück nach Clifton, deren angesehenste Bürger einen Komplizen Talbys vor Jahren mit einer List um seine Beute erleichterten. Um sich den Lebensabend zu versüßen, macht sich der Kunstschütze in der Stadt breit, tritt den Schuldigen auf die Füße und erpresst sie – insofern sie nicht erschossen werden. Scott ist seine Rückendeckung. Fast zu spät bemerkt der Schüler, dass ihn der Mentor Instrumentalisiert, um selbst aus der Schusslinie genommen zu werden. Als sich die Situation zuspitzt, werden aus Partnern schließlich Gegner.
In Grundzügen nimmt Valerii seinen späteren Kassenschlager „Mein Name ist Nobody“ vorweg. Nur verzichtet er bei dieser Vorabversion der Geschichte komplett auf Humor. Der Ton ist ernst, dabei jedoch nicht vom standesgemäßen Zynismus des Spaghetti-Westerns überstrahlt. Bis hier der erste Körper von einer Kugel getroffen zu Boden sinkt, sind die wesentlichen Figuren und ihr Umfeld längst glaubhaft umschrieben. Die Inszenierung lässt Sorgfalt walten, was die mit bedacht gestreuten Schießereien in ihrer Dynamik nicht weniger stimmig erscheinen lassen. Darüber liegt der abermals exzellente Soundtrack Riz Ortolanis („Kampf um Rom“), der das gewohnt staubige Flair in die bemüht realistische Umsetzung trägt.
Die bittere Bilanz zieht Talby am Ende selbst, wenn das Morden auch im beschaulichen Clifton längst zum Alltag geworden ist: Wenn du einmal anfängst zu töten, dann hörst du nicht mehr damit auf. Es geht um Mechanismen der Gewalt, eine sich endlos drehende Spirale, an deren Ende nur der Tod stehen kann. Bis Scott auch diese Lektion gelernt hat, ist er dank des neu entdeckten Selbstvertrauens zum wilden Tier geworden. Die Einsicht schmerzt. Doch mit den richtigen Einblicken in die Tricks eines Meisterschützen lässt sich der Gerechtigkeit zumindest nachhaltig auf die Sprünge helfen. Dank Hirn und großer Darsteller ein untypischer Genrefilm und gleichermaßen ein klasse Western.
Wertung: (7,5 / 10)