Kino und Politik verbindet eine gemeinsame Tradition, die sich meist unter Ausschluss eines breiten Publikums abspielt. Das Gros der Filmrezipienten will einfach dem täglichen Weltgeschehen entfliehen und selbiges nicht in dezidierter Diskursivität auf der Leinwand abgehandelt sehen. Politisches Kino bleibt also immer ein Risiko, das mit ambitionierten, nicht selten engagierten Stars minimiert werden soll. Dieser Vorgabe folgt auch Ridley Scott bei seinem aufwändig gestalteten Polit-Thriller „Body of Lies“, im Deutschen etwas großspurig und mit seichtem Hitchcock-Stallgeruch „Der Mann, der niemals lebte“ betitelt.
In den Hauptrollen agieren Leonardo DiCaprio („The Departed“) und Russell Crowe, mit dem Scott nach „Gladiator“, „Ein gutes Jahr“ und „American Gangster“ bereits zum vierten Mal zusammenarbeitet. Sie zeigen die Arbeitsweise des US-Geheimdienstes im Nahen Osten auf, den präventiven Kampf gegen den Terror, der nur mit Hilfe verdeckt vor Ort operierender Spitzel geführt werden kann. Die islamischen Fundamentalisten kommunizieren vornehmlich unter Ausschluss moderner Errungenschaften, was windige Abhör- und Überwachungstechniken weitgehend nutzlos erscheinen lässt.
Während CIA-Verbindungsoffizier Ed Hoffman (Crowe) im amerikanischen Langley die Strippen zieht, riskiert Agent Roger Ferris (DiCaprio) in den extremistischen Hochburgen seinen Kopf bei Aufspürungs- und Identifizierungsmissionen. Als Europa von einer Welle schwerer Anschläge erschüttert wird, soll er das Netzwerk des Terrorführers Al-Saleem (Alon Aboutboul, „München“) infiltrieren. Einen Verbündeten findet er in Hani Salaam (Mark Strong, „Babylon A.D.“), dem Chef des jordanischen Geheimdienstes. Hoffman jedoch verfolgt eigene Pläne, was Ferris bald in Lebensgefahr bringt.
Nach dem Roman des Journalisten David Ignatius zeichnet Scott ein detailliertes, wenn auch nicht immer schlüssiges Bild vom Krieg gegen den internationalen Terrorismus. Der hochkarätige Cast, bei dem der bärtige DiCaprio weit größeren Eindruck hinterlässt als der aufgedunsene Crowe, hält die sorgfältige, um Realitätsnähe bemühte Inszenierung auf Kurs. Eine überraschend starke Leistung bietet daneben Mark Strong, der als undurchsichtiger Geheimdienstler wiederholt in den Vordergrund strebt. Mit ihm gewinnt die Geschichte an Schärfe, steht er doch stellvertretend für die von den USA, hier repräsentiert von Hardliner Hoffman, nur bedingt ernst genommenen regionalen Verbündeten.
Ein Menschenleben bedeutet in diesem Kampf um Wissensvorsprung und Anonymität gar nichts. Auch Ferris zögert keine Sekunde, zur Geheimhaltung der eigenen Identität einen Zeugen zu liquidieren. Unter der möglichst breit gefächerten Darstellung einer stetig unsicheren Welt leiden die Figuren. Das Duell der CIA-Agenten, die zum Gelingen der Mission praktisch aneinander vorbei operieren, bleibt vage umrissen. Schwerer jedoch wiegt die geradewegs überflüssige Romanze des Undercover-Agenten mit der iranischen Krankenschwester Aisha (Golshifteh Farahani, „Half Moon“). Durch sie wird der islamischen Kultur Respekt gezollt. Das erscheint löblich, verschleiert aber, wie auch das aufgesetzt versöhnliche Ende, eine eindeutige Intention. Dass Krieg die Hölle ist, wussten wir schließlich auch vorher schon.
Wertung: (6 / 10)