Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (S 2013)

der-hundertjaehrige-der-aus-dem-fenster-stiegDie Diskussion über die Qualität von auf Büchern basierenden Filmwerken ist so alt wie Literaturadaptionen selbst. Dabei gibt es zweifelsfrei gelungene Roman- und Sachbuchverfilmungen, Attribute wie „kongenial“ oder „ebenbürtig“ sind dabei jedoch eher die Ausnahme. Verdient hat sie auch „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ nicht, mit dem Regisseur Felix Herngren den gleichnamigen Welt-Bestseller von Jonas Jonasson auf die große Leinwand brachte. Denn den Charme der Vorlage trifft er bestenfalls vage. Nun ist der Film für sich genommen unterhaltsam, selbst ohne Kenntnis des Buches wird aber schnell offenbar, dass der Stoff weit mehr hergegeben hätte.

Dem Titel entsprechend wird es Allan Karlsson (Robert Gustafsson) an seinem 100. Geburtstag zu bunt. Um dem Rummel durch Altenheimpersonal und Presse zu entgehen, steigt der rüstige Greis aus dem Fenster und macht sich ohne konkretes Ziel davon. Am Bahnhof drückt ihm ein junger Mann einen Koffer in die Hand, den er hüten soll, während dieser zur Toilette geht. Um seinen Zug in die tiefste Provinz nicht zu verpassen, nimmt Allan das fremde Gepäckstück einfach mit – und beschwört damit eine Kette absurder Ereignisse herauf. Denn im Koffer finden sich 50 Millionen Kronen, die eine Biker-Gang dem wenig zimperlichen Gangster Pim (Alan Ford, „Snatch“) überbringen soll.

Im gelangweilten Julius (Iwar Wiklander) findet Allan einen Komplizen und als der sie verfolgende Kurier bei einem Handgemenge zu Tode kommt, gehen sie mit dem Vermögen stiften. Verfolgt von unfähigen Gangstern und einem Polizisten, dem sich die Zusammenhänge nur schwerlich erschließen, gabeln die flüchtigen Alten den vielfach fast-studierten Benny (David Wiberg) sowie die frisch getrennte Gunilla (Mia Skäringer) samt Haus-Elefant auf. Dabei trifft Herngren die Skurrilität der Vorlage durchaus, nur erwartungsgemäß auf einer sehr oberflächlichen Ebene. Vor allem die Motorradrocker werden zu dümmlichen Knallchargen degradiert, was den Ausgang der Geschichte nur zu offenkundig macht.

Das größte Problem aber ist Hauptdarsteller Gustafsson, der den recht emotionslosen Hundertjährigen kaum mit der liebenswerten Schrulligkeit seines literarischen Pendants versieht. Zwar laden die zahlreichen Rückblicke, über die das bewegte Leben des Greises ausgehend von der Leidenschaft für Sprengstoff rekapituliert wird, zum regen Schmunzeln ein, echten Biss entwickelt das Schweifen durch die Dekaden jedoch nur selten. Ob als Partisan im spanischen Bürgerkrieg, als Schlüssel zur Entwicklung der Atombombe oder Gefangener in Stalins Gulag, Allan wird in „Forest Gump“-Manier bewegter Teil der politischen Historie. In der Summe ist das ein netter Schwank mit absurdem und makabrem Humor. Nur ist (auch) diese mäßige Bestseller-Adaption schneller vergessen als der Gulag-Fluchtplan durch Albert Einsteins Bruder Herbert.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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