Als die britische Hammer-Filmproduktionsschmiede mit „Dracula“ und „Frankensteins Rache“ eine Renaissance des Grusel-Kinos eingeläutet hatte, durfte natürlich auch das Werwolf-Thema nicht fehlen. Ihm nahm sich 1961 Hausregisseur Terence Fisher an, der sich durch die oben genannten Klassiker-Neuauflagen in den Annalen des fantastischen Kinos verewigt hatte, und inszenierte mit „Der Fluch von Siniestro“ ein aufwändig gestaltetes und üppig auserzähltes Horror-Drama. Aufgrund heftiger Auseinandersetzungen mit der Einstufungsbehörde BBFC, die massive Kürzungen verlangte, blieb das im Original „Curse of the Werewolf“ betitelte Werk der einzige Hammer-Beitrag zum Werwolf-Mythos.
Nachdem, aufgrund eines vorangegangenen Disputs mit BBFC und der katholischen Kirche, ein bereits in Vorbereitung befindlicher Film über die Inquisition verworfen wurde, verlegte man die Handlung von „Der Fluch von Siniestro“ kurzerhand ins Spanien des 18. Jahrhunderts. Dort sucht ein Vagabund den grausamen Marqués Siniestro (stark: Anthony Dawson, „James Bond 007 jagt Dr. No“) in der Hoffnung einer barmherzigen Spende auf. Von der dekadenten Festgesellschaft des Adligen wird er jedoch erst gedemütigt und anschließend wie ein Tier weggesperrt. Als nach Jahren der grundlosen Gefangenschaft ein stummes Zigeunermädchen, das sich dem verrottenden Hausherren verweigerte, zu ihm gesperrt wird, fällt er über sie her und vergewaltigt sie.
Im direkten Anschluss an seine Schandtat wird der Schuldige von einer Herzattacke dahingerafft. Das Opfer wiederum ersticht noch in derselben Nacht Siniestro und flüchtet in die Wälder, wo sie wie ein Tier lebt und nach Monaten vom gutherzigen Arzt Don Alfredo Corledo (Clifford Evans, „Der Kuss des Vampir“) aufgefunden wird. Bei der Geburt des in ihr heranwachsenden Jungen stirbt sie. Fortan nimmt sich Don Alfredo seiner an und gibt ihm den Namen Leon Corledo. Doch das Leben des Kindes steht unter keinem guten Stern. Während der Taufe beginnt das Weihwasser zu kochen und Donner zu hallen. Doch das ist nichts im Vergleich zum Werwolf-Fluch, der Leon erst in der Kindheit und nach Jahren der Ruhe auch als Erwachsener ins Unglück stürzt.
Ungewöhnlich viel Zeit investiert Fisher in die Vorgeschichte und steuert den eigentlichen Kern des Plots erst in der geradlinig zugespitzten zweiten Hälfte an. Rundum flüssig wirkt die Erzählung damit nicht, was die überzeugenden Darsteller und allen voran die sehenswerte Ausstattung aber leichter Hand egalisieren. Voran getrieben wird die Tragödie mit dem erwachsenen Leon, in dessen Rolle der schneidige Oliver Reed („Die drei Musketiere“) eine ausgezeichnete Figur macht. Er darf sich in Winzertochter Cristina (Catherine Feller, „Dämon Weib“) verlieben, deren Vater die Beziehung strikt unterbindet. Den verwandelten Leon spart sich Fisher für das dramatische Finale, wodurch die Spannung aufrecht erhalten und der BBFC Genüge getan wird. Den großen Universal-Klassikern kann der erste Werwolf in Farbe zwar nicht das Wasser reichen. Ein kleines Fest für Genrefreunde ist er aber bis heute.
Wertung: (7 / 10)