Dead End Tragedy – Anti Life Anti You (2020, Beatdown Hardwear)

Es gibt wieder musikalisch in die Fresse. Das muss man zweifelsfrei mögen, denn entspannte Momente sehen grundlegend anders aus. Doch wenn eine Platte das Logo von BDHW ziert, dann weiß man in der Regel, was man bekommt. In die Fresse. Klar. Aber noch viel wichtiger ist die Katharsis, dies sich unerbittlich aufdrängende Ventil, mit dem all der aufgestaute Frust durch wüstes Mitgehen, -bangen und -schreien überwunden werden kann. Zu dieser Art seelischem Reinigungsprozess steuern auch DEAD END TRAGEDY ihr Scherflein bei.

Der Titel von „Anti Life Anti You“, dem dritten Langspieler der Saarländer, verspricht bereits eine angepisste Grundhaltung, deren Entsprechung einmal mehr auf metallischem Hardcore mit herber Beatdown-Kelle liegt. Doch halt, die thematische Fülle der Platte reicht deutlich über die übliche Genre-Ereiferung hinaus. Die Texte schrieb Fronter Raphael während eines mehrmonatigen Aufenthalts in einer Nervenheilanstalt. Das Ergebnis kündet von innerer Zerrissenheit, depressiven Schüben und Verzweiflung. Das Licht am Ende des Tunnels liegt nicht in der Musik selbst, sondern vielmehr in ihrer Veröffentlichung. Erlösung durch Aufrichtigkeit, das radikale Herauskehren des eigenen Selbst. Hut ab vor so viel Schneid.

Dass „Anti Life Anti You“ keine leichte Kost bietet, sollte gemessen an der Prämisse auf der Hand liegen. Der Sound ist rau und abgründig, die Vocals werden dazu ohne jeden Anflug von Feingefühl in die Welt gespien. Vereinzelt melodische Farbtupfer, wie etwa bei „Coco Speed Love Patrol“ oder „Aggression“ gereicht, sind willkommen. Aber auch sie gehen im alles negierenden Sog gnadenlos unter. Neben englischen prägen auch deutsche Texte das unbequeme Werk. Beim aus dem Rahmen fallenden „Mit rostigen Nägeln“ führt das zum Einsatz von Hip-Hop-Beats – und noch erschütternderen Shouts. Gewöhnungsbedürftig, aber atmosphärisch ein echter Höhepunkt. Bleibt nur zu hoffen, dass der kathartische Effekt nicht allein die Zuhörenden (oder Abgehenden) einschließt, sondern auch die Werkschöpfer.     

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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