Das Wunder von Bern (D 2003)

das-wunder-von-bernRegisseur Sönke Wortmann träumte lange davon, aus dem Fußballwunder von Bern einmal einen Kinofilm zu machen. Nach vielen Flops und üppiger Vorbereitungszeit gelang es ihm schließlich, „Das Wunder von Bern“ im Oktober 2003 in die deutschen Kinos zu bringen. Er drehte im Sommer 2002 an Plätzen in der Schweiz und natürlich im Ruhrgebiet, wo er mit wunderbaren Bildern das Arbeitermilieu der deutschen Nachkriegszeit und deren Probleme schilderte. In den Fünfzigern erholte sich Deutschland wirtschaftlich von den Folgen des Zweiten Weltkriegs. Dabei kümmerten sich die verbliebenen Väter um die Politik und den Wiederaufbau, während die Frauen die Verantwortung für die Familien und deren Lebensunterhalt trugen.

Es ist die Zeit der Trümmerfrauen, die die Rollen der Väter übernahmen und sich mit den Fragen quälten, ob ihre Männer je wiederkehren würden. So auch im Sommer 1954 in Essen. Christa Lubanski (Johanna Gastdorf) lebt mit ihren drei Kindern in einer Arbeitersiedlung, betreibt mit Tochter Inge (Birthe Wolter) eine Kneipe, kümmert sich um die Erziehung, kocht, führt den Haushalt. Bruno (Mirko Lang), der Älteste, Musiker einer Band und Vaterersatz, fühlt sich in seiner Rolle sehr wohl. Doch da ist noch Matthias (Louis Klamroth). Der jüngste Sohn kennt seinen Vater nicht, denn er wurde im Krieg gezeugt, und ist das Maskottchen des Essener Fußballstürmer-Stars und Nationalspielers Helmut Rahn (Sascha Göpel).

Matthias bewundert Helmut sehr, sieht seinen Vater in ihm, will sein wie er und trägt ihm mit Begeisterung seine Tasche. Die Weltmeisterschaft in Bern steht aus und Helmut darf mit in die Schweiz. Matthias, der sich als Glücksbringer sieht, weiß durch die Abschiedsworte Helmuts, dass die Elf nur gewinnen kann, wenn Matthias in Bern ist. Bei den Lubanskis überschlagen sich die Ereignisse als ein Brief eintrifft der besagt, dass Richard Lubanski (Peter Lohmeyer) aus der Kriegsgefangenschaft in Russland zurückkehren wird. Richard ist verschlossen, aggressiv, unterkühlt und kommt mit den Geschehnissen und den Jahren der Abwesenheit nicht zurecht. Er stiftet Chaos in der eingespielten Familienstruktur.

Matthias, der ihn nie vorher sah, kann sich mit seinem Vater nicht identifizieren und Bruno, der seine Vaterrolle innehat, bekommt Probleme mit ihm, da er ihm nicht genügend Respekt entgegenbringt. Richard kämpft, um sich nicht völlig aus der Familie herauszumanövrieren. Matthias leidet unter dem Kampf, denn ihm wird seine Liebe zu Helmut streitig gemacht und seine Verbundenheit zum Fußball belächelt. Parallel zu den Familiengeschichten trainiert die Nationalelf für die WM. Völlig unerwartet feiern die Deutschen unter Sepp Herberger kleine Siege und schaffen es tatsächlich ins Finale gegen Ungarn. Vater Lubanski sieht plötzlich die einzige Möglichkeit, eine Verbesserung in der Familie zu erreichen, indem er mit Matthias nach Bern fährt.

Sönke Wortmann hat ein pathetisches Stück Kino geschaffen. Gefühlvoll und rührend setzt er das Familiendrama in Szene. Gekonnt castete er Männer, die die Nationalelf in Perfektion verkörperte, nicht nur optisch, sondern auch von ihrem spielerischen Können. Erzählerisch, als auch aufwändig historisch genau, setzt er das Spiel von Bern um und macht den ganzen Film zu keinem klischeehaften Männer-Nostalgie-Sportfilm, bei dem auch die Frauen auf ihre melodramatischen Kosten kommen. „Das Wunder von Bern“ zeigt ein realistisches Arbeitermilieu, ein Glauben und Hoffnung entfachendes Fußballspiel der Weltgeschichte und eine ehrliche Vater-Sohn-Beziehung. Ein sehenswertes Werk.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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