„Gerichtsurteile sind zu wichtig, um sie Geschworenen zu überlassen.“
Mit „Das Urteil – Runaway Jury“ bereichert Hollywood das Genre des Justiz-Thrillers um eine weitere Adaption des amerikanischen Bestsellerautors John Grisham („Die Firma“, „Die Akte“). Unter der soliden Regie des versierten Thriller-Spezialisten Gary Fleder („Sag kein Wort“) vereint der Film eine bis in die kleinste Nebenrolle prominent besetzte Darstellerriege, um einmal mehr das Zünglein an der Waage der Justitia zu verkörpern. Dabei zeigt sich Fleder bemüht, im Kern die Frage aufzuwerfen, wie gerecht sich das amerikanische Justizsystem in Wahrheit präsentieren kann, wenn Konzerne als Automatismus millionenschwere Polster für unsinnige Prozesse hinterlegen und Anwälte durch prestigeträchtige Verhandlungen beinahe wöchentlich Starstatus erlangen.
Über alledem thront jedoch als Exekutivorgan der Demokratie die Jury der Geschworenen, per Zufallsprinzip ausgewählte und staatlich befähigte Normalbürger, die im Gerichtsaal über Schuld oder Unschuld zu entscheiden haben. Oder gibt es etwa unsichtbare Strippenzieher im Hintergrund, die Einfluss auf die Entscheidungsfindung jener Jurys ausüben? Aller Spekulationen und Verschwörungstheorien zum Trotze existieren solch dubiose Mittelsmänner zumindest auf der Leinwand. Es sind Männer wie der zwielichtige Jury-Berater Rankin Fitch (Oscar-Preisträger Gene Hackman, „Erbarmungslos“), der im Auftrag eines großen Waffenkonzerns deren Anwalt (Bruce Davison, „Willard“) bei Gericht tatkräftig unterstützt. Und Fitchs Hilfe scheint dringend erforderlich, verklagt die zweifache Mutter Celeste Wood (Joanna Going, „Nixon“) jenes industrielle Unternehmen doch über den aufrichtigen Anwalt Wendall Rohr (Oscar-Preisträger Dustin Hoffman, „Rain Man“) auf Schadenersatz.
Ihr Ehemann (Dylan McDermott, „In the Line of Fire“) wurde während eines Amoklaufes durch eine Handfeuerwaffe des Konzerns getötet. Mittels einer geheimen Überwachungszentrale manipulieren Rankin Fitch und sein Gefolge im Vorfeld die Auswahl der zur Pflicht berufenen Geschworenen, sehen sich im Laufe des Prozesses jedoch mit ungeahnten Schwierigkeiten konfrontiert. Nick Easter (John Cusack, „Identität“), Jury-Mitglied Nummer 9, hat sich nämlich entgegen der konspirativen Pläne in die Reihen der Geschworenen geschmuggelt und versucht diesen Umstand zu seinem Vorteil zu nutzen. So wird den differenten Parteien durch Nicks mysteriöse Komplizin Marlee (Rachel Weisz, „About a Boy“) unmissverständlich ins Bewusstsein gebrannt, dass der Prozess in jede beliebige Richtung geführt werden kann. Doch haben Nick und Marlee nicht mit der Skrupellosigkeit Fitchs und seiner Untergebenen gerechnet.
Frei nach der These „Jeder ist käuflich“ spinnt Gary Fleder einen über weite Strecken packenden Justiz-Thriller um Korruption, Manipulation und der Suche nach Gerechtigkeit. In diesem Bestreben beleuchtet er eher die Vorgänge abseits des Gerichtsaales, als den Prozess selbst. Dialoglastig und passagenweise dezent konstruiert, überzeugt „Das Urteil“ durch eine stimmungsvolle Inszenierung und unterschwellig knisternde Spannung. Der interessante, wenngleich nicht zwingend glaubwürdige Plot wird durch gelungene Wendungen und die durchweg zurückhaltende Ensembleleistung getragen. Zwar bleiben Dustin Hoffman und Grisham-Veteran Gene Hackman bei ihrem ersten gemeinsamen Leinwandauftritt eher blass, doch bürgt das stargespickte Vehikel für überwiegende Fleißarbeit auf hohem Niveau.
Neben den bereits angeführten Darstellern komplettieren Jeremy Piven („Grosse Point Blank“), Cliff Curtis („Whale Rider“), Leland Orser („Resurrection“), Luis Guzman („Punch-Drunk Love“) und Orlando Jones („Die Zeitmaschine“) die namhafte Besetzung. „Das Urteil“ bietet grundsolides Spannungskino, wohl inszeniert und überragend besetzt, doch am Grunde seiner mitunter langatmigen Ausführung einzig für Grisham-Puristen und hartgesottene Justiz-Thriller-Freunde von Interesse.
Wertung: (6 / 10)