„I wish the dead could come back to life, you bastard, so then I could kill you again!“ – Namenlos und schlecht gelaunt: der Inspektor
An einer Tankstelle demoliert die junge Edna (Cristina Galbó, „Riot in a Woman’s Prison“) versehentlich das Motorrad des Londoner Kunsthändlers George (Ray Lovelock, „Murder Rock“). Dieser ist auf dem Weg in die Windermere Provinz, wo der feine Herr vor kurzem eine Sommerresidenz ergattern konnte. Da sein Vehikel aber so schnell nicht wieder fahrtüchtig sein wird, bietet ihm Edna eine Mitfahrgelegenheit an. Diese ist wiederum auf dem Weg zu ihrer drogenabhängigen Schwester Katie (Jeannine Meastre, „Count Dracula“), der bald eine Entziehungskur bevorsteht.
Als die Beiden einen Zwischenstopp einlegen, damit sich George nach dem weiteren Weg erkundigen kann, wird Edna von einem unheimlich aussehenden und in Lumpen gekleideten Mann angegriffen. Die beiden staunen nicht schlecht, als sie später zu hören bekommen, dass der von ihnen beschriebene Unhold vor einigen Tagen ertrunken sein soll. Als dieser dann auch noch Katies Schwager ermordet, ist für den erzreaktionären Inspektor (Arthur Kennedy, „Barabbas“) der Täter schnell gefunden: „You’re all the same the lot of you, with your long hair and faggot clothes. Drugs, sex, every sort of filth!“ Dabei alludiert er natürlich auf George, der dem traditionsbewussten Polizisten von Beginn an ein Dorn im Auge ist.
Edna und George schnüffeln etwas herum und finden heraus, dass eine auf den Feldern eingesetzte moderne Maschine, die zur Insektentilgung Neutronenstrahlen aussendet, die Toten wieder ins Leben zurückholt. Und die Wiedererweckten haben plötzlich Appetit auf Menschenfleisch! George A. Romero ist und bleibt seit seinem 68er Meilenstein „Night of the Living Dead“ eben der unwiderrufliche Initiator des modernen Zombie-Genres. Ihm hat die Filmwelt den untoten Kannibalen zu verdanken, der genüsslich in Brust- und Schädelhöhlen seiner Mitmenschen herumsuhlt. Doch auch wenn erst im zweiten Teil seiner mittlerweile zur Hexalogie angewachsenen „…of the Dead“-Reihe richtig davon Gebrauch gemacht wird, sah man plakative Gewalt ausübende Zombies schon in Jorge Graus „Das Leichenhaus der lebenden Toten“, der bereits 1974, also vier Jahre vor „Dawn of the Dead“ entstand.
Graus‘ leider immer noch unterschätztes Werk, das der Spanier Jahre vor der Italo-Zombiewelle realisierte, ist aber sicher nicht nur wegen der (mittlerweile etwas antiquiert anmutenden) gorigen Effekte auch heute noch sehenswert. Die dichte Atmosphäre erinnert eher an einen Grusler aus der englischen „Hammer“-Schmiede. Die Szene etwa, in der Edna und George aus der Gruft der Untoten auszubrechen versuchen, während diese langsam zum Leben erwachen, ist kaum noch an Spannung zu überbieten. Der eigensinnige Soundtrack, allesamt Graus‘ Eigenkompositionen, passt auch noch dazu wie die Faust aufs Zombie-Auge. Und all das, wie bereits erwähnt, vier Jahre vor dem besten Romero’schen Themenbeitrag.
Auch der Franzose Jean Rollin variierte 1977 mit seinen „Les Raisins de la Mort“ (schrecklicher deutscher Titel: „Foltermühle der gefangenen Frauen“) gekonnt die Idee, ein Insektenvernichtungsmittel für einen Epidemieausbruch verantwortlich zu machen. All das in Rücksicht nehmend, hat „Das Leichenhaus der lebenden Toten“ nebst intelligenter und gesellschaftskritischer Geschichte (starrer Konservatismus, Generationenkonflikt, Umweltverschmutzung) bis zu ihrem bitterbösen Ende mehr Schauwert als der Großteil der zeitgemäßen Zombie-Machwerke zusammen. Und dass Graus keine tumbe Splatterorgie im Sinn hatte, zeigt sich bereits daran, dass das erste richtige Gemetzel zum Stundenschlag seinen Lauf nimmt.
Bereits der Anfang, in dem ein tristes, graues und schmutziges London gezeigt wird (die nackte Frau mittendrin fungiert dabei natürlich als subtile Warnung) dürfte dem einem oder anderen signalisieren, dass der Film eventuell auch noch eine Message zu bieten hat! Und nicht nur das, den wohl lustigsten Gefängnisausbruch (Stichwort: Handtuch) in der Geschichte des ernst gemeinten Films hat er auch noch in petto, was in Anlehnung an den zeitgemäßen TV-Hit „Prison Break“ nicht Wenigen ein spöttisches „Scofield, du Lusche!“ herauslocken könnte.
Wertung: (7 / 10)