Das Lager – Wir gingen durch die Hölle (GB/RUS 2008)

das-lager-wir-gingen-durch-die-hoelleNach dem Zweiten Weltkrieg gingen rund 90.000 deutsche Soldaten in russische Kriegsgefangenschaft. Nur etwa 5.000 kehrten wieder nach Hause zurück. Die Zahlen künden vom Hass auf den besiegten Feind, aber auch von der Unmöglichkeit, die von Hunger und Kälte ausgezehrten Gefangenen im verwüsteten Land überhaupt versorgen zu können. „Das Lager“, gedreht von Dokumentarfilmer Tom Roberts („Frontline“), erinnert dieser schweren Zeit und widmet sich nach wahren Begebenheiten dem Schicksal einer Gruppe Deutscher, die 1946 aus Platzmangel in ein halb verfallenes Durchgangslager für Frauen geschafft wurden.

Die ausnahmslos weiblichen Aufseher (u.a. Thekla Reuten, „The American“) lassen ihrer Verachtung für den Feind anfangs freien Lauf und sinnen für die Gräuel der Nazis an ihren Familien auf Rache. Die Gefangenen werden drangsaliert, erniedrigt und ausgehungert. Unter ihnen vermutet der gestrenge Oberst Pavlov (John Malkovich, „Ein Engel im Winter“) hochrangige Kriegsverbrecher. Auf seinen Befehl soll Ärztin Natalia (Vera Farmiga, „Up in the Air“), deren geisteskranker Mann Andrei (Evgeny Mironov) im Lager von ihr betreut wird, diese enttarnen. Um Andrei, den Pavlov abzuschieben droht, zu schützen, willigt sie ein.

Vor allem Max Bort (Thomas Kretschmann, „Der Pianist“) und Klaus Prompst (Daniel Brühl, „Inglourious Basterds“) erregen den Verdacht des Oberst. Klaus würde für den eigenen Vorteil ohne Zögern auch einen Kameraden denunzieren. Als er Max, der sich zu Natalia über Ideologien und Feindbilder hinweg hingezogen fühlt, aber nicht auf seine Seite ziehen kann, versucht er hinter dessen Rücken mit den Russen zu kollaborieren. Das gut besetzte Drama zeigt die zögerlich aufkeimende Menschlichkeit zwischen Wärterinnen und Gefangenen. Der Untertitel „Wir gingen durch die Hölle“ verblasst nach beklemmendem Auftakt in nahezu farblosen Bildern durch die etwas abrupt abgehandelte Näherung von russischen Frauen und deutschen Männern aber mehr und mehr.

„Das Lager“ mag auf einer wahren Geschichte beruhen, glaubhaft macht ihn das aber nicht. Vor allem die Figuren entpuppen sich im Verlauf der Erzählung zu oft als stereotype Abziehbilder gängiger Klischees. Selbst Chamäleon Malkovich, der sich im Original nicht einmal um einen russischen Akzent bemüht, kann der systemtreuen Grausamkeit des Oberst Pavlov keine ambivalenten Nuancen abringen. Überdies wirkt die Zuspitzung der Kriegsverbrecherhatz dramaturgisch konstruiert und mündet in ein misslungenes, unnötig konventionell auf Spannung getrimmtes Finale. Zerrissen zwischen Eindringlichkeit und Belanglosigkeit bleibt Roberts ambitionierte Rekonstruktion hinter dem eigenen Anspruch weit zurück.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

 

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