Das Lächeln der Tiefseefische (D 2005)

das-laecheln-der-tiefseefischeMan wird das Gefühl nicht los, dass Deutschlands Nachwuchsregisseure Problemkinder sind. In erster Linie mag es daran liegen, dass ihre Filme von Problemkindern handeln. Von sozialen Außenseitern, von psychisch Kranken, von Minderheiten. Die fünf großen Filmhochschulen der Republik sind der Busen, der diesen Trend nährt. Auch Till Endemanns Kinodebüt „Das Lächeln der Tiefseefische“ wird von ihm gesäugt. Darin widmet sich der Absolvent der Filmakademie Ludwigsburg dem Problemkosmos des Erwachsenwerdens und zeichnet mit Feingefühl die möglichen Hürden wachsender Verantwortung nach.

Für den 17-jährigen Malte (Jacob Matschenz, „Tollpension“) ist das Leben kein Zuckerschlecken. Mit seinem trinksüchtigen Vater (Peter Kurth, „Wolfsburg“) bewohnt er ein baufälliges Anwesen auf der Ostseeinsel Usedom. Die Mutter ist lange tot. In einer Woche wird Malte 18, von der Volljährigkeit erhofft er sich den Absprung aus der alltäglichen Tristesse. Die besteht für den Schulabbrecher aus Gelegenheitsarbeiten und dem Schmuggel von Zigaretten. Finanzielle Unabhängigkeit scheint weit entfernt. Als auch noch seine Schwester Hannah (Viktoria Mayer, „Die Wolke“) mitsamt ihrem Sohn nach Hause zurückkehrt, scheint die Last der Probleme endgültig über Maltes Kopf einzustürzen.

Mit authentischem Charakterbau und leisem Humor betrachtet Autor und Regisseur Till Endemann („Mondlandung“) eine Woche im Leben der zerrütteten Familie. Der Alltag ist grau, die sommerliche Kulisse der Urlaubsidylle Usedom nur eine Fassade ohne Wert. Worauf es ankommt, sind die Menschen dahinter. In der Hauptsache Malte, dessen Leben innerhalb dieses oft episodischen Ausschnitts einschneidende Veränderungen erfährt. Die sich abzeichnende Ferienliebe zu Urlauberin Annika (Alice Dwyer, „Lichter“) ist nur der Stein des Anstoßes, der ihn versuchen lässt, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu überwinden. Wie die Fische der Tiefsee, die in der Finsternis auf ihre eigene Lichtquelle vertrauen können.

Ungeachtet dieser träumerisch naiven Metaphorik steht „Das Lächeln der Tiefseefische“ mit beiden Beinen im Leben. Die Stärken des Films liegen in den Leistungen der Akteure. Für sein eindringliches Spiel wurde Hauptdarsteller Jacob Matschenz mit dem Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsschauspieler ausgezeichnet. Er ist das Zentrum, das nicht weniger überzeugende Umfeld bildet den glaubhaften Rahmen. Dieses Stimmungsbild sozialer Randfiguren wird durch die dezente Musik von Enis Rotthoff („Die Blaue Grenze“) trefflich unterstrichen. Die Geschichten der Problemkinder nehmen kein Ende. Im Falle von Till Endemanns behutsam eingeflochtenem Optimismus erspähen diese zumindest Hoffnungsschimmer am Horizont.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

 

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