Das Kabinett des Doktor Parnassus (GB/F/CDN 2009)

das-kabinett-des-dr-parnassus„Can you put a price on your dreams?“ – Tony

Früher eilte den Filmen von Ex-Monty Python Terry Gilliam („König der Fischer“) das Zerwürfnis mit den Produzenten voraus. Oft zeigte sich der Regisseur unzufrieden, gab sich fremdgesteuert und der kreativen Freiheit beraubt. Bei „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ jedoch waren es nicht die Leiden und Klagen Gilliams, sondern der plötzliche Tod von Hauptdarsteller Heath Ledger („Brothers Grimm“), der für Gesprächsstoff sorgte. Als der im Januar 2009 an den Folgen eines Medikamentencocktails starb, war ein beträchtlicher Teil seiner Szenen noch nicht im Kasten.

Das Projekt zu begraben schien keine Lösung. Also wurde die Rolle Ledgers für die noch ausstehenden Drehs mit Johnny Depp („Sweeney Todd“), Jude Law („Sherlock Holmes“) und Colin Farrell („Alexander“) besetzt. Die spendeten ihre Gagen nicht nur der Tochter des tragisch verschiedenen Kollegen, sondern halfen auch ein exzentrisches bildgewaltiges Fantasy-Spektakel auf die Leinwand zu bringen, das sich in seiner versponnenen Eigenwilligkeit nach bester Gilliam-Tradition weit abseits des Mainstream positioniert. Ergo dürfte das Lockmittel der Stars lediglich unkundige Zuschauerkreise täuschen.

Doch auch die können sich leicht von den faszinierenden Bilderwelten gefangen nehmen lassen, die der rationalen Wahrnehmung im Imaginarium des unsterblichen Doktor Parnassus (spielstark: Christopher Plummer, „The New World“) zuwider laufen. Sein Alter verdankt der müde Schausteller der Paktierung mit Teufel Mr. Nick (Folk-Ikone Tom Waits), dem er infolge einer verlorenen Wette Tochter Valentina (xxx, „Die Girls von St. Trinian“) auszuhändigen hat. Als ihr 16. Geburtstag und damit der Zeitpunkt der Schuldbegleichung näher rückt, fordert Mr. Nick Parnassus zu einem letzten Wettstreit.

Auf der Bühne seines Pferdewagens, in einer individuell gestalteten Parallelwelt, konfrontiert der wunderliche Doktor die Menschen mit Zwängen und Sehnsüchten, denen sie, um ihre Seele zu retten, widerstehen müssen. Andernfalls fallen diese dem Teufel zu und besiegeln bei dessen Triumph auch das Schicksal Valentinas. Plötzlich erhöht werden Parnassus Chancen, als sie dem an einer Brücke erhängten Tony (Ledger) das Leben rettet. Schließlich versteht sich der öffentlichkeitswirksame Wohltäter mit dubioser Vergangenheit prächtig auf die Manipulierung der Menschen.

Düster in der Realität, farbintensiv und visuell traumhaft verspielt hinter einem Spiegel aus Silberfolie (hier kommen Ledgers Ersatzmimen zum Einsatz), stellt Gilliam die optischen Finessen über die undurchsichtig verschachtelte Story. Deren Kern erschließt sich, wenn überhaupt, nur wiederwillig, erhält die schwärmerische Note aber auch durch die wonnig aufspielenden Akteure – groß: Vern Troyer („Austin Powers“) als kleinwüchsiger Gehilfe Percey – aufrecht. Leicht zugänglich ist das eigenwillige Moralstück mit seinem bestenfalls versöhnlichen Ende nicht. Aber gerade dafür, dass letztlich wieder (fast) alles anders kommt als vorherzusehen wäre, muss man Terry Gilliam einfach lieben.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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