Criminal Lovers – Ein kriminelles Paar (F/J 1999)

criminal-loversDie Welt der Märchen vertritt in der postmodernen Gegenwart einen schweren Stand. Die neuen Gebrüder Grimm heißen Joanne K. Rowling oder Eoin Colfer, ihre Sagenfiguren hören auf die Namen Harry Potter und Artemis Fowl. Die klassischen Fantasiegeschichten von Schneewittchen bis Rotkäppchen erhalten ihre Popularität in erster Linie durch die filmische Transkribierung in zeitgenössische Themenkomplexe („Freeway“, 1996) – oder ihre parodistische Brechung („7 Zwerge“, 2004). Die Ära der Ostdeutschen und -europäischen Märchenfilme ist längst verblasst, der gestiefelte Kater zum Schmusekätzchen des animierten Ogers „Shrek“ geworden.

Unter der Ägide des französischen Regie-Exzentrikers Francois Ozon („Swimming Pool“) gerät die Geschichte von Hänsel und Gretel unter die Räder eines verstörenden Cocktails aus Sex und Gewalt. „Criminal Lovers“, sein zweiter abendfüllender Spielfilm, lässt eine Jugend ohne moralische Restriktion auf einen hinterwäldlerischen Triebtäter prallen. Von freizügigem Teenagersex im Beisein vielfältiger Waldfauna bis zur Kaninchenhäutung bedient Ozon anstößige Bilder. Die Aussage bleibt vage, als beständig erweist sich nur der Schleier der Provokation. Doch ist dieser als substanzieller Stützpfeiler des plakativen Thriller-Dramas denkbar ungeeignet.

Nach dem kaltblütigen Mord an einem Mitschüler entsorgt Vorstadt-Lolita Alice (Natacha Régnier, „Kirgisische Mitgift“) die Leiche mit ihrem hörigen Lover Luc (Jérémie Renier, „Pakt der Wölfe“) im tiefen Wald. Dem zwangsläufigen Orientierungsverlust folgt der Fund einer Hütte – und die Gefangennahme durch dessen Bewohner (Miki Manojlovic, „Schwarze Katze, weißer Kater“). Während Alice im Keller eingesperrt wird, erleidet Luc die Knechtung – inbegriffen der sexuellen. In Rückblicken schildert Ozon die Vorgeschichte der Bluttat, kann die emotionale Distanz zu den Figuren aber nicht überwinden. Teilnahmslos beäugt der Zuschauer das abgründige Treiben bis zum unbefriedigenden Ausklang. „Criminal Lovers“ hüllt sich in Perversion, hat neben anrüchigen Formalien, ähnlich den Werken Larry Clarks, jedoch nichts zu bieten.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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