
„We are gonna beat these pea-brained lizard shits!“ – Zuversicht im Überlebenskampf: Dave
Der Tier-Horror funktioniert immer dann am besten, wenn der ihn umgebende Handlungsspielraum verknappt wird. Ein gutes Beispiel bietet „Crawl“, ein inhaltlich im besten Sinne simpel gehaltener Survival-Thriller, bei dem die Beteiligten hinter der Kamera fast mehr Erwartung schüren, als der Film letztlich erfüllen kann. Regie führte der auch produzierende Alexandre Aja, der neben „High Tension“ auch das haltlos übertriebene „Piranha“-Remake schuf. Als Produzent fungierte Kult-Regisseur Sam Raimi („Evil Dead“), das Skript schrieben die Brüder Michael und Shawn Rasmussen („The Ward“). Es bleibt offenkundig, dass alle Beteiligten kein Werk für die Ewigkeit schaffen wollten, sondern schlicht punktiert packende Genre-Unterhaltung.
Als ein Hurrikan über Florida hinwegfegt, begibt sich Leistungsschwimmerin Haley (Kaya Scodelario, „Maze Runner“) in die Evakuierungszone, um den Verbleib ihres entfremdeten Vaters Dave (Barry Pepper, „True Grit“) zu ergründen. Als sie ihn bewusstlos und mit klaffender Schulterwunde unter seinem Haus entdeckt, muss Haley mit Schrecken feststellen, dass sich Alligatoren zwischen den Fundamenten befinden. Auf die Wirkweise dieser effektiven Grundkonstellation zahlt – neben dem Score von Max Aruj und Steffen Thum („Top Gun: Maverick“) – unbestritten der betriebene Produktionsaufwand ein. Denn trotz eines schlanken Budgets von rund 13,5 Millionen Dollar bleibt die Ausgestaltung des in Serbien gedrehten Streifens durchweg bemerkenswert.
Umso mehr, da nahezu komplett im Studio gedreht wurde. In zwei Lagerhallen entstand eine Nachbarschaft, die mit fünf Millionen Liter Wasser geflutet wurde. Das nimmt den Ausgang der akuten Flutwarnung vorweg, die der Notsituation der Eingeschlossenen Herausforderungen nach Bauart des Katastrophenkinos beschert. Die Aussicht auf Rettung wird durch drei junge Plünderer und den nach Haley suchenden Polizisten Wayne (Ross Anderson, „The King’s Man“) genährt. Allerdings dienen die Randakteure lediglich der Beweisführung, dass die Alligatoren mit jedem kurzen Prozess machen – mit Ausnahme von Haley und ihrem Vater.
Der Einsatz der stark getricksten CGI-Reptilien erweist sich als konstant stimmungsvoll. Dabei wird auch offenbar, dass die Tiere als ganze Gruppe auf Jagd gehen. Um einer grundlosen Bestialität vorzubeugen, wird als Begründung für die Angriffslust der Alligatoren jedoch ein unweit des Hauses gelegenes Nest bemüht. Die Dimensionierung des Gesamtwerks bleibt auch damit überschaubar. Da Aja das Publikum durch die geschickte Kameraführung praktisch mit ins Geschehen wirft und Entlastungsphasen für die Protagonisten obendrein rar gesät bleiben, fällt kaum auf, dass die Zuspitzung der Geschichte nicht eben logisch erscheint und die Vater-Tochter-Beziehung in ihren Problemhorizonten doch recht flach erscheint. Dank klaustrophobischem Stimmungsbild, guter Besetzung und vor allem tadelloser Machart bleibt dennoch ein überaus effektiver Nägelkauer.
Wertung: (6,5 / 10)