Nach Jahrhunderten gesellschaftlicher Veränderungen, technischer Innovationen und medizinischer Durchbrüche steht der Mensch der Mutation von Viren noch immer weitgehend hilflos gegenüber. Hochgradig ansteckende Infektionskrankheiten wie die Pest mögen nahezu besiegt sein, aber SARS (Schweres Akutes Atemwegssyndrom) oder Schweinegrippe (Influenza-A-Virus H1N1) haben gezeigt, dass die Bedrohung durch bzw. den Ausbruch einer weltweiten Pandemie auch mit den wissenschaftlichen Potenzialen der Gegenwart kaum zu stoppen ist.
In Steven Soderberghs („Haywire“) quasi-dokumentarischem Katastrophen-Thriller „Contagion“ beginnt sich die Epidemie am zweiten Tag auszubreiten. Eine amerikanische Angestellte (Gwyneth Paltrow, „Country Strong“) fliegt von Hongkong nach Chicago, wo sie sich mit einem verflossenen Geliebten vergnügt und anschließend zu Mann (Matt Damon, „Der Plan“) und Kind nach Minneapolis zurückkehrt. Anzeichen einer Grippe folgt der Zusammenbruch. Kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus ist sie tot. Der Beginn eines verzweifelten Wettlaufs gegen die Zeit.
Den bestreiten Wissenschaftler – u.a. Laurence Fishburne („CSI“), Kate Winslet („Die Vorleserin), Elliott Gould („Ocen’s Eleven“), Jennifer Ehle („The Ides of March“) – und Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation WHO – Marion Cortillard („Inception“), Armin Rohde („Albert Schweitzer“). Erst muss das Genom des Virus entschlüsselt werden, um mit der Entwicklung eines Impfstoffs beginnen zu können. Den Behörden bleiben lediglich die Quarantäne von Epidemie-Zentren und die Organisation der Krankenbetreuung. Doch mit steigender Opferzahl breitet sich Panik aus und die soziale Ordnung kollabiert.
Soderbergh zeichnet ein unprätentiöses und realistisches Bild der Pandemie. Der Fokus auf Hände und berührte Flächen im öffentlichen Raum macht Übertragungswege erfahrbar. Auch folgt der Film keiner klassischen Dramaturgie, sondern schildert bruchstückhaft und ohne jede Sentimentalität die Ohnmacht von Mechanismen und Mächtigen im Angesicht des Massensterbens. Gesellschaftspolitische Aspekte werden durch einen freien Blogger (Jude Law, „Sherlock Holmes“) abgedeckt, der gegen die Macht der Pharmakonzerne aufbegehrt und ein alternatives Heilverfahren propagiert.
In nüchterner Betrachtung und episodischer Komplexität wird die Starriege zur Nebensache. Schier beiläufig lässt Soderbergh halb Hollywood vor die Hunde gehen und versucht dem Thema so viele Facetten wie möglich abzuringen. Das lässt „Contagion“ bisweilen flüchtig und zudem überfrachtet erscheinen. Aber der zurückhaltende erzählerische Duktus mit seinem konsequenten Verzicht auf Schemata des klassischen Katastrophenfilms lassen das Szenario, dessen zufälliger Ursprung erst in der Schlussszene aufgezeigt wird, glaubhaft und damit erschreckend nachvollziehbar wirken.
Wertung: (7,5 / 10)