Wer erinnert sich – wenn auch mit Grausen – nicht noch an TV-Serien wie „Beverly Hills 90210″ oder „Melrose Place“, die Mitte der Neunziger neben Quotenrekorden auch diverse Mädchenherzen brachen. Zumindest, was die männlichen Hauptdarsteller angeht. Gutaussehende Jungmimen wie Luke Perry, Jason Priestley, Shannon Doherty oder Jeannie Garth mutierten, wenn auch nur für kurze Zeit, zu Ikonen einer ganzen Teenie-Generation. Einige der Herrschaften versuchten natürlich auch im Kino Fuß zu fassen, doch es blieb weitgehend bei den Versuchen und große Karriereschritte konnten nicht vollzogen werden. Einen Kritikererfolg konnte Priestley mit der 1995 gedrehten Killer-Komödie „Cold Blooded“ feiern, die wohltuend aus seiner sonstigen Biografie herausfällt.
Priestley mimt den zurückhaltenden und schüchternen Cosmo, der als Buchhalter für ein Verbrechersyndikat arbeitet und im Keller eines Altenheims wohnt. Als sein Boss ums Leben kommt, nimmt fortan Gordon (Robert Loggia, „Scarface“) das Zepter in die Hand und befördert Cosmo als erstes vom Buchhalter zum Berufskiller. Dieser ist von der Sache natürlich alles andere als begeistert, kann sich jedoch nicht groß dagegen wehren. Ihm zur Seite wird der in diesem Metier erfahrene Steve (Peter Riegert, „Traffic“) gestellt, der sich nun um die Ausbildung Cosmos kümmern soll. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Cosmo ein wahres Naturtalent ist, der am Töten aber eigentlich nichts finden kann. Als er sich in seine Yoga-Lehrerin Jasmin (Kimberly Williams, „Vater der Braut“) verliebt und ihr zuliebe seinen Job aufgeben will, steht er vor einem Problem. Denn einfach ussteigen kann er nicht. So entschließt sich Cosmo dazu, die seinen Plänen im Wege stehenden Gangster umzubringen.
Regiesseur Wallace Wolodarsky war bisher vornehmlich fürs Fernsehn zuständig und u.a. Drehbuchautor bei den „Simpsons“, was man dem Film das ein oder andere mal durchaus anmerkt. Priestley spielt entgegen seinem Saubermann und Teenie-Image den Killer, der mit leerem Blick, hängenden Schultern und null Ausstrahlung durchs Leben geht. Er ist allein, einzig eine Nutte leistet ihm gelegentlich Gesellschaft. Seine Aufgaben und Befehle befolgt er mit absoluter Sorgfalt, ohne aber weitere Motive zu hinterfragen. Es ist einfach herrlich, Priestley mal von einer völlig anderen Seite zu sehen und viele haben ihm eine solche Rolle sicher nicht zugetraut. Zu den witzigsten Momenten des Films gehören die ersten Anlernversuche seines Mentors Steve, der Cosmo nach und nach die Einzelheiten des Mordens erklärt, während das Opfer kopfschüttelnd auf dem Boden sitzt und wartet. Solche Szenen gibt es zuhauf in „Cold Blooded“ und es ist wirklich Schade, dass dieser Film noch immer nur als Geheimtipp gilt.
Mitproduziert wurde der Film übrigens von Michael J. Fox, der einen Kurzauftritt in einer der besten Szenen des Films hat. Nach einem Gespräch zwischen Cosmo und ihm, bei dem u.a. geklärt wird, wann man mit seiner Freundin das erste mal Sex haben sollte, steht Priestley auf und knallt die beiden vor ihm sitzenden Personen enfach ab. Große und aufwendige Actionszenen sucht man vergeblich, stattdessen wirkt alles sehr ruhig und gemächlich auf den Betrachter, was vor allem an Priestleys Rolle liegt, auf den der Film ausnahmslos zugeschnitten ist. Diese allerdings meistert er bravourös. Ein durchweg gelungener und kurzweiliger Film mit sehr amüsantem Ende und einem mehr als überzeugenden Jason Priestley. Vergleiche mit Tarantino kommen unweigerlich auf, jedoch braucht sich „Cold Blooded“ vor diesem Namen nicht zu verstecken.
Wertung: (7,5 / 10)