Cocaine Bear (USA 2023)

„What the fuck is wrong with that bear?“

Kino trifft Realität. Oder besser: Kino interpretiert Realität. Ein Streifen, der dies Credo perfekt reflektiert, ist „Cocaine Bear“. Dessen Berufung auf wahre Begebenheiten beginnt und endet mit einer üppigen Ladung Kokain, die 1985 aus einem Flugzeug im Grenzgebiet von Kentucky und Tennessee abgeworfen wurde. Der Schmuggler selbst sprang mit dem Fallschirm ab. Da sich dieser jedoch verhedderte, stürzte er in die Auffahrt eines Hauses und starb. Im Film wird diese Episode durch Nachrichtenberichte belegt. Eine weitere Ausprägung hatte die Geschichte dadurch, dass ein Schwarzbär einen Teil des Rauschgifts verspeiste – und daran verendete.

Für die große Leinwand ist das natürlich zu wenig. Also holt Regisseurin Elizabeth Banks („Charlie‘s Angels“), die als Schauspielerin u. a. bei „Die Tribute von Panem“ mitwirkte, zu gnadenlos überspitztem Hinterland-Horror aus. Dabei treffen Figuren aus dem Tarantino-Baukasten auf eine Bärin auf Koks. Dass die bar jeder Dämonisierung über Leichen geht, liegt vorrangig am Verlangen nach anhaltendem Rauschzustand. Ein sympathisches Plus findet sich darin, dass das Skript die illustre Charakterschar bei aller Übertreibung ernst nimmt. Das führt dazu, dass die Szenen zwischen den Auftritten der überzeugend getricksten CGI-Bärin nicht bloß als Füllmaterial durchgehen, sondern ihrerseits stattliche Kurzweil offenbaren.

So entsendet Drogen-Pate Syd White (in seiner letzten Rolle: Ray Liotta, „GoodFellas“) den Getreuen Daveed (O’Shea Jackson Jr., „Straight Outta Comtpon“) samt seines aus der Kriminalität ausgestiegenen Sohnes Eddie (Alden Ehrenreich, „Solo: A Star Wars Story“) in die Wälder, um die Drogen zu bergen. Krankenschwester Sari (Keri Russell, „Antlers“) verschlägt es auf der Suche nach ihrer ausgebüxten Tochter Dee Dee (Brooklyn Prince, „Home Before Dark“) ins Naturschutzgebiet, in dem Wildhüterin Liz (Margo Martindale, „Im August in Osage County“) eigentlich Peter (Jesse Tyler Ferguson, „Modern Family“) becircen wollte. Obendrauf gibt es drei halbstarke Möchtegernkriminelle (u. a. Aaron Holliday, „Sharp Objects“) und Polizeiveteran Ben (Isiah Whitlock Jr., „The Wire“), der sich auf eigene Faust daran macht, die Gangster zu stellen.

Sie alle werden früher oder später mit der süchtigen Problembärin konfrontiert, was in spaßige Splatter-Einlagen samt verlustierter Gliedmaßen mündet. Dabei bietet Banks in der ersten Stunde teils furiose Unterhaltung mit unbekümmertem Dialogwitz, koksenden Kids und schmissigem Retro-Soundtrack. Dem Zwang einer geschlossenen Erzählung bleibt jedoch geschuldet, dass „Cocaine Bear“ im Schlussdrittel merklich die Puste ausgeht. Mehr noch wirkt der Weg zur Bereinigung sämtlicher Konflikte unnötig gedehnt, wodurch das Vergnügen letztlich getrübt wird. Exploitation-Fans können dank erinnerungswürdiger Momente und dem verdrehten Spiel mit Gut-Böse-Schemata trotzdem auf ihre Kosten kommen. Nur sollten die Erwartungen nicht zu hochgesteckt werden.   

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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