Chuck Ragan – Love and Lore (2024, Rise Records)

Er ist ein unüberhörbares Reibeisen der Punk-Szene und prägt diese als Frontmann von HOT WATER MUSIC seit mittlerweile dreißig Jahren. Dass Chuck Ragan aber auch anders kann, beweist er als Solo-Künstler. Die musikalischen Alleinausflüge des bärtigen Fünfzigjährigen widmen sich bevorzugt folkigen Strukturen. Das Holzfällerhemd muss er darüber aber kaum ablegen. Denn so sehr HOT WATER MUSIC die Americana-Wurzeln zwischen Punk und (ehemals) Post-Hardcore auch mitunter streifen mögen, so deutlich kündet Ragans fünfte Solo-Scheibe, „Love and Lore“, streckenweise von der Überlagerung des Punk-Segments.  

Das liegt fraglos am Bandverbund, der insbesondere bei „Wild In Your Way“ eine Dynamik offenbart, die auch zur jüngsten Platte von HOT WATER MUSIC gepasst hätte. Aber auch das eröffnende „All In“, „Echo the Halls“ oder „Aching Hour“ weichen mit ihrem Mix aus kraftvollen Melodien und stimmlicher Durchdringung vom klassischen Akustik-Folk ab, den Ragan auf früheren allein unter seinem Namen veröffentlichten Werken zelebriert hat. Die Lagerfeueratmosphäre wird darüber aber keineswegs vergessen, wie etwa „Winter“ oder das von einer Geige begleitete „Waiting Out the Storm“ zeigen. Überraschend, zumindest aus stimmlicher Warte, erscheint das Duett mit Country-Sängerin Paige Overton bei „One More Shot“, das Ragan ausnahmsweise nicht die vokale Hoheit überlässt. So bleibt eine abwechslungsreiche und gelungene Scheibe, auf der ihr Urheber den Folk letztlich auch für die punkigere Klientel zugänglicher macht. Das nennt man dann wohl Dienst an der Zielgruppe.   

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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