Für die adlige Seite des Sänger-/Songschreibertums steht CHRIS VON DER DÜSSEL wahrlich nicht. Ungeachtet der aristokratischen Anmutung seines (Künstler-)Namens markiert der Düsseldorfer, der früher u. a. bei KOPFECHO aktiv war, eher einen Gegenentwurf zur Kö-Schickeria der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Die Musik des Alleinunterhalters, egal ob mit Akustikklampfe oder in voller Bandanmutung vorgetragen, ist eindeutig Punk. Deutsch-Punk wohlgemerkt.
Dabei macht der emsige Urheber mit „Randale, Randale“, dem Eröffnungstrack seines in Eigenregie aufgenommenen Debütalbums „Bullshit Bingo“, bereits unmissverständlich klar, dass feinfühlige Töne nicht sein Ding sind. Mehr schon Tracks mit eindeutigen Statements. Dass der Gesang wenig einschmeichelnd daherkommt, weiß der Punk-Barde selbst. Mit rauer Note wird gegrölt, genölt und geplärrt. Gegen alles, was stört. Vor allem aber gegen Rechts. Oder Deutschtümelei, wie das treffliche „Kartoffelalarm“ aufzeigt.
Beim heftig herausgerotzten „Wir sind mehr“ führt das auch mal zu Knüppel-Punk mit Wut-Ventil-Anmutung. Diesem Kontrastprogramm-Gedanken folgt auch das finale „NSADF“, bei dem Zitate einschlägiger AfD-Granden unkommentiert melodisch unterlegt werden. Wen es da nicht fröstelt, hält Björn Höcke vermutlich für einen lupenreinen Demokraten. In der Hauptsache aber regieren reduzierte Strukturen. Zumindest instrumental. Zur Gitarre gesellen sich dabei mitunter Beats, die wie das Klopfen jenes Herzens anmuten, dass CHRIS VON DER DÜSSEL dankenswerterweise auf der Zunge trägt.
Thematisch ranken sich die zwölf Songs auch um persönliche Themen, etwa zwanghafte Ängste („Du bist nicht allein“), Sehnsüchte („Sucht nach Meer“), Zweisamkeit („Wie Alice und Peter Pan“) oder die Lust am Leben („Darauf trinken wir“). Garniert mit aufblitzender Ironie (siehe etwa „Bandsalat“) wird „Bullshit Bingo“ damit zum gelungenen Einstand eines mit (deutlich) mehr Leidenschaft als Perfektionsstreben zu Werke gehenden Ein-Mann-Orchesters, bei dem nicht jeder Ton ins Schwarze trifft, den man aber einfach gern bei seiner Reise durch Leben, Land und Politik begleitet.
Wertung: (7 / 10)