„How do we know the good guys from the bad guys?“ – Sam Wilson
„If they’re shooting at you, they’re bad.“ – Captain America
Eine Offenbarung war auch das erste (moderne) Leinwandabenteuer von Captain America nicht. Die Geburt des patriotischsten aller Superhelden machte Lust auf mehr, blieb trotz gelungener politischer Seitenhiebe auf Propagandismus aber kaum mehr als ein aufwändiges Fantasy-Actionspektakel vor Weltkriegshintergrund. Um den Bogen zu Marvels übrigem Heldengeflecht zu spannen, wurde Supersoldat Steve Rogers (Chris Evans, „Snowpiercer“) am Ende eingefroren und nach Jahrzehnte währendem Tiefschlaf aufgetaut. Was folgte war der Zusammenschluss der Avengers. An diesen knüpft der zweite Soloauftritt des Captain an – und bietet gewohnte Blockbuster-Kost mit bisweilen überraschend düsteren Polit-Thriller-Motiven.
Als Ausputzer für S.H.I.E.L.D.-Befehlshaber Nick Fury (Samuel L. Jackson, „Snakes on a Plane“) regen sich in Captain America zunehmend Zweifel am Zweck seiner Mission. Die mehren sich noch, als er von einem geheimen Projekt erfährt, bei dem potenzielle Gefahrenherde für Land, Leute und internationale Friedensbemühungen von computergesteuerten Luftschiffen noch vor der Verübung einer Straftat ausgeschaltet werden sollen. Es überrascht wenig, dass sich Robert Redford („Von Löwen und Lämmern“) nur zu gern von einer Mitwirkung in „Captain America: The Return of the First Avenger“ überzeugen ließ. Als Furys Vorgesetzter Alexander Pierce nimmt der engagierte Altstar im aufziehenden Komplott (natürlich) eine Schlüsselrolle ein.
Nachdem der mysteriöse Winter Soldier, ein während des Kalten Krieges vom KGB geschaffener übermenschlicher Kämpfer mit mechanischem Arm, Fury durch ein Attentat aus dem Weg geräumt hat, ist es an Captain America, eine Unterwanderung von S.H.I.E.L.D. zu verhindern. Doch plötzlich ist er der Gejagte und muss sich des Verrats bezichtigt mit vermeintlichen Vertrauten (darunter Frank Grillo, „The Purge: Anarchy“) herumprügeln. Unterstützung erhält er von Avengers-Kollegin Black Widow (Scarlett Johansson, „Lucy“), mit der er sich plötzlich einem besiegt geglaubten Feind gegenüber sieht: der Schurkenorganisation HYDRA. Der in einem Kurzauftritt als computerisierter Wissenschaftler Dr. Zola zurückkehrende Toby Jones („Die Tribute von Panem“) ist da lediglich der Anfang.
Dass „Captain America: The Return of the First Avenger“ zu den bislang besten Marvel-Verfilmungen zählt, liegt abseits der prallen Action vor allem am durchaus cleveren Plot. Darin lehnt sich der ur-amerikanische Comic-Patriot gegen das korrumpierte System auf, verteidigt schlussendlich aber doch stets die Werte eines (auf dem Drehbuchpapier) liberalen Amerika. Der maskierte Gegenspieler, dessen Besetzung mit Sebastian Stan („Black Swan“) dramatische Erkenntnisse nach sich zieht, sorgt für ein packendes und zerstörungsfreudiges Duell. In das greift – neben der bewährten Cobie Smulders („How I Met Your Mother“) – auch Anthony Mackie („The Hurt Locker“) ein, dessen aufrechter Kriegsveteran Sam Wilson Captain America mit High-Tech-Adlerschwingen beisteht. Seine Figur bleibt als zusätzlicher Sympathieträger dezent überflüssig, lässt – typisch Hollywood – aber ans Gute im Militärapparat glauben.
Natürlich entknotet sich das schurkische Geflecht am Ende in einem zünftigen Effektgewitter. So kennt man die Marvel-Helden und so soll es gefälligst auch bleiben. Wenig sinnig erscheint dabei jedoch, dass zur Durchkreuzung der finsteren Pläne Steuereinheiten in den Kampfschiffen ausgetauscht werden müssen. Hätte es deren simple Zerstörung nicht auch getan? Aber dramaturgisch schwachbrüstiges Blockbuster-Buhei hin oder her, abseits der krawalligen Fantasie-Action mühen sich die als Regisseure verpflichteten Gebrüder Joe und Anthony Russo („Community“) um realpolitische Bezüge. Mit denen kann es in der geplanten Fortsetzung gerne weitergehen. Denn wie die obligatorische Abspannszene – diesmal mit Beteiligung von Thomas Kretschmann („Wanted“) – zeigt, ist am Ende lediglich die erste Schlacht gegen HYDRA geschlagen.
Wertung: (7,5 / 10)