Das Kino Hongkongs hat nach der Rückführung der Kronkolonie an China nicht mehr zu alter Stärke zurückgefunden. Aushängeschilder wie Regisseur John Woo („A Better Tomorrow“) und Schauspieler Chow Yun-Fat („Tiger and Dragon“) betätigten sich fortan in Hollywood, die Choreografen Yuen Woo Ping („Kill Bill“) und Corey Yuen („Bulletproof Monk“) folgten ebenfalls vermehrt westlichen Angeboten. Der international beachtete Thriller „Infernal Affairs“ (2002) gab Hongkongs Filmemachern neues Selbstvertrauen, doch hatte die Industrie Thailands und allen voran Südkoreas zu diesem Zeitpunkt längst an Einfluss gewonnen.
Einer der beständigsten Regisseure und Mitgestalter des modernen chinesischen Kinos ist Johnnie To, der mit Filmen wie „Running Out Of Time“ (1999), „The Mission“ (2000) und „Fulltime Killer“ (2001) auch über die Grenzen Asiens hinaus Anerkennung erntete. Ähnlich den frühen Werken John Woos zentriert sich auch das Schaffen Johnnie Tos um die Themenschwerpunkte Loyalität und Ehre. Sein „Breaking News“ vereint diesen Kern mit Kritik an der Mediengesellschaft und taucht ein in einen psychologischen Konflikt zwischen Polizeikräften und Geiselgangstern.
In einem Hongkonger Wohnviertel soll der polizeiliche Zugriff auf eine observierte Verbrechergruppierung erfolgen. Als eine nicht eingeweihte Streife die Situation eskalieren lässt, können die schwer bewaffneten Männer fliehen. Aufgrund eines nahegelegenen Unfalls wird ein Kamerateam Zeuge der neuerlich aufflammenden Kampfhandlungen, was die Polizei in ein wenig rühmliches Bild rückt. Als Gegenmaßnahme soll die Verhaftung der Schuldigen medienwirksam aufbereitet über die Bildschirme der Nation flimmern. Als das Versteck der Gangster in einem Wohnkomplex erstürmt wird, nimmt die Bande Geiseln und kehrt den Spieß um. Der Beginn eines zehrenden Kleinkrieges auf dem Rücken der Presse.
Nach der spektakulären Auftaktsequenz, in der die Kamera rastlos und ohne Schnitte über die urbane Frontlinie kreist, steuert „Breaking News“ auf die endgültige Zuspitzung der Geschehnisse hin. Die dabei eingeführten Figuren entsprechen dem Standard. Nick Cheung („Das Duell in der verbotenen Stadt“) mimt den eigensinnigen Inspektor, der trotz strikter Anweisungen auf eigene Faust versucht die Verbrecher zu stellen. Als Einsatzleiterin fungiert Kelly Chen („Tokyo Raiders“), die als berechnende Karrieristin die Medien als imageerzeugenden Faktor ins Spiel bringt. Als Anführer der Gangsterbande bewegt sich Richie Ren („Silver Hawk“) zwischen Kaltblütigkeit und Outlawcoolness.
Johnnie To, der den Film mit seiner Produktionsfirma ´Milkyway Image´ auch produzierte, setzt die Action mit bedacht ein. Zwar verfügt „Breaking News“ über ein hohes Tempo, reizt die damit verbundenen Schusswechsel aber nicht in stilisierten Blutbädern aus. Vielmehr ist es Teil des Gesamtkonzeptes die Kamera als semidokumentarischen Beobachter ins bleihaltige Geschehen zu stürzen. Das schürt gerade zu Beginn formal wie inhaltlich steigendes Interesse, stößt bei zunehmender Unglaubwürdigkeit jedoch bald an seine Grenzen. Unstimmige Charakterzeichnung und konstruierte Dramaturgie lassen das Spiel um Missbrauch und Manipulation der Medien alsbald verpuffen. Am Ende tragen staatliche Exekutive und Thrillerkonvention den Sieg davon. Da wäre mehr drin gewesen, Mr. To.
Wertung: (6 / 10)