Boysetsfire – The Misery Index: Notes From the Plague Years (2006, Equal Vision Records/Burning Heart Records)

boysetsfire-misery-indexBOYSETSFIRE sind zurück. Der zwiespältige Major Label-Ausflug „Tomorrow Come Today“ ist passé, die Band mittlerweile bei Burning Heart in Europa, beziehungsweise Equal Vision in den USA unter Vertrag. „The Misery Index: Notes From the Plague Years“ heißt das neueste Werk der Band, das, textlich weniger politisch, den zuletzt eingeschlagenen Weg auf optimierten Pfaden fortschreitet. Der Grund für die Rückkehr ins Independent-Lager ist das mangelnde Hitpotential für den Massenverkauf. Doch liegt gerade dort die große Stärke der Platte. Denn „The Misery Index“ benötigt seine Zeit, die wenigsten der 13 Songs entfalten ihr Potential gleich beim ersten Hören.

Mit „After the Eulogy“ avancierten BOYSETSFIRE zu einem der einflussreichsten Verfechter des modernen (Post-)Hardcore. Die Scheibe wurde zum Klassiker und begünstigte zahllose Nachahmer. Dankenswerterweise versucht sich das Gespann nicht an einer verspäteten Neuauflage, sondern blickt nach vorn. „The Misery Index“ ist ruhiger, nachdenklicher, beizeiten poppig und nur selten geprägt von erinnerungswürdigen Refrainsalven des Schlages „Rookie“. Trotzdem schlägt das neue Album eine Brücke zum 2000er Hitalbum, wenn der Schlussakt „A Far Cry“ übergangslos in eine Klavier-unterstützte Neuinterpretation von „Still Waiting for the Punchline“ übergeht.

„The Misery Index: Notes From the Plague Years” ist ein oft persönlich gefärbter Ausritt durch das Hochland des heftigen Indie-Rock. Die Melodik in der Stimme von Sänger Nathan Gray erscheint noch ausgeprägter und spielt bei Tracks wie „Requiem“ oder „Empire“ gebündelte Eingängigkeit aus. Zwischendurch explodieren BOYSETSFIRE, so bei „Final Communiqué“, doch ordnen sich dem Hardcore entnommene Ausbrüche meist dem gedrosselten Tempo unter. „The Misery Index“ ist ein Schritt nach vorn. Von ihrer experimentellen Seite zeigt sich die Band, wenn in „So Long… and Thanks for all the Crutches“ und „Deja Coup“ Bläser zum Einsatz kommen. Von stellenweise eingeflochtenen Samples und elektronischen Elementen ganz zu schweigen.

Mit starken Arrangements und musikalischem Abwechslungsreichtum verbinden BOYSETSFIRE sämtliche Perioden ihres Schaffens und sorgen für eine beständige Atmosphäre. An älteren Veröffentlichungen muss sich „The Misery Index“ nicht messen lassen. Auch nicht am unbefriedigenden „Tomorrow Come Today“. Die Platte findet ihre eigene Dynamik, erzählt ihre eigenen Geschichten. Und in denen lassen sich auch nachhaltig immer neue Facetten entdecken. Die Intensität ist zurückgekehrt, die Begeisterung auch. BOYSETSFIRE sind zurück – mit einer emotionalen Wucht, die ihnen fast nicht mehr zuzutrauen war. Aber in Fällen wie diesen lässt man sich gern eines besseren belehren.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

 

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