Bogdan – Okaye Songs schief gesungen (2021, DIY)

Was tun, wenn man durch eine Lähmung der Augenmuskulatur weder arbeiten noch die Videospielkonsole quälen kann? Na klar, man akzeptiert die selbstauferlegte Challenge und nimmt binnen einer Woche eine Deutsch-Punk-EP auf. In Eigenregie, ohne Mitmusiker, dafür mit entsprechendem Computerprogramm. Das Ergebnis trägt den Titel „Okaye Songs schief gesungen“ und firmiert unter dem Projektnamen BOGDAN. Dahinter steht RUN, MELOS!-Gitarrist Werner, dessen kreativer Überfluss in der Vergangenheit auch WORST KID EVER und ATLANTIC EMPIRE gespeist hat.

Sein programmatischer Alternativtitel der EP: „5/10 Songs, 7/10 Texte, 2/10 Gesang“. In Summe also selbstauferlegtes Mittelmaß, über dessen Knackpunkt sich Werner, äh BOGDAN vollauf gewahr ist. Denn singen kann er nicht. Vermutlich nicht mal unter der Dusche. Als hinter der Tastatur verborgener Review-Klugscheißer fällt es naturgemäß leicht, über die Werkschöpfungen anderer zu urteilen, wenn es selbst nichts gibt, an dem man gemessen werden könnte (außer vielleicht Interpunktion und Sprachvermögen). Konzentrieren wir uns also auf das Positive!

Das offenbart bereits der erste der fünf Songs, „Ich find‘ Karate auch gut“. Der melodische Mid-Tempo-Punk geht gut ins Ohr und hat als Trumpf die offensiven Texte in petto. Die sparen nicht an impertinenten Highlights, etwa dem Vorwurf der „Larryhaftigkeit“ in „Zweitstimme FDP“. Wer den Nerd-Charakter in den Songtiteln von RUN, MELOS! zu schätzen weiß, liegt bei „Adorno gegen Jazz“ goldrichtig. Musikalisch ist die Nummer obendrein die Bergspitze der EP – mehr Dynamik, mehr Tempo und stattliches Mitgrölpotential. Fehlen nur noch die Mitstreiter für die Chöre. „Zehn Barrel Pisse“ trabt knapp dahinter ins Ziel. Zu diesem Zeitpunkt hat man sich an den Gesang längst gewöhnt und freut sich über jeden getroffenen Ton.

Der amüsant selbstreferenzielle Schlusspunkt erfolgt mit „Gulasch auf dem Herd“, eine Art Rückstrahlfläche der Entstehungsgeschichte von „Okaye Songs schief gesungen“. Da weiß man wenigstens, warum die Melodien über weite Strecken gleich klingen. Doch wenn BOGDAN eines nicht verdient hat, dann ist es Hohn. Denn erstens ist im Punk noch immer alles erlaubt und zweitens lebt die Kunst von Menschen, die sich auch von offensichtlichen Kompetenzdefiziten nicht davon abbringen lassen, ihre Vision zu verwirklichen (oder eine Challenge zu meistern). Bemühen wir daher als Fazit die eigene Formel des Urhebers: 6/10 Songs, 7/10 Texte, 4/10 Gesang.

Ergibt aufgerundet:      

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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