Das amerikanische Hinterland bürgt für provinziellen Bildungsmangel und brodelnde Vorurteile. Neben Klischees festigt das ein Subgenre des Horrorfilms – den Backwoodslasher. Nach seiner Etablierungsphase in den Siebzigern wurde es still um die Mordlust der Minderbemittelten. Bis zum neu entfachten Interesse der Filmindustrie zu Beginn des neuen Jahrtausends. Die alten Schrecken, seinerzeit stark politisch motiviert, lassen sich heute prächtig vermarkten. Ihre Gewaltdarstellung aber ist seines Subtextes beraubt worden und dient nur mehr dem Zweck der Unterhaltung. Ohnehin ist der Splatter im Mainstream angekommen. Was läge da näher, als seine Ausschlachtung im Sinne einer fehlgeleiteten Überbietungslogik voranzutreiben?
Unter den Filmemachern aber mehrt sich die Einstellung einer Rückbesinnung auf die formalen „Werte“ der Vergangenheit. Während Kinoproduktionen wie „The Hills have Eyes 2“, „Texas Chainsaw Massacre: The Beginning“ oder das alljährliche „Saw“-Sequel die Schatten der Vergangenheit kommerziell zu Tode schinden, richten sich immer mehr Billigproduktionen an der Stilistik der unter ähnlichen Bedingungen entstandenen Vorbilder aus. Darin wird wieder vermehrt der Mensch zum Mörder, nicht die Kettensäge schwingende Missgeburt oder die radioaktiv verseuchten Mutanten. Diesen Interessenswandel beherzt, nicht zuletzt begünstigt durch Rob Zombies „The Devil’s Rejects“, hat Regisseur Jim McMahon. Dessen Debütfilm „Bloodshed“ orientiert sich mehr am Drama denn am Horror und kommt damit der nüchternen Betrachtung eines „Henry – Portrait of a Serial Killer“ näher als der Explikation eines „Hostel“.
Wieder dient die bewaldete Abgeschiedenheit als Kulisse blutiger Taten. Zwei Männer, eine Hütte, eine Axt. Das Konzept scheint bekannt. Aber McMahon geht seinen eigenen Weg. Und der führt an plakativ ausgestellter Blutlust weitgehend vorbei. Die beiden Männer sind Brüder, der dominante Frank (Íce Mrozek, „Pale Blue Moon“) und der zurückgeblieben wirkende Donnie (Christopher Childs). Sie umgibt der mysteriöse Tod ihrer Eltern, der in der nahen Gemeinde die Legende säugt, dass beide selbst die Mörder seien. Als es zum Streit mit Jugendlichen aus der Umgebung kommt, eskaliert die Situation. Donnie wird brutal zusammengeschlagen, woraufhin Frank zum Beil greift. Ihre Versuche, den Vorfall zu vertuschen, führt zu immer neuen Leichen.
Dem stimmigen Low-Budget-Horror geht es mehr um die Figuren als um blutige Gewalt. Dass aber soll nicht bedeuten, dass sich die Darstellung körperlichen wie geistigen Schmerzes bedeckt hielte. Die Wirkung verstärkt sich durch das ansehnliche Spiel der Akteure, aus deren Reihen vor allem Íce Mrozek herausragt. Er verleiht dem Charakter des undurchsichtigen Frank eine Präsenz, die den Film nahezu an sein Auftreten bindet. Weil McMahon aber nicht das klassische Terrorkino bedient, bleiben die Klischees des Genres weitgehend außen vor. Das spricht gerade für die dramaturgische Entwicklung, selbst wenn die Motivation der Figuren nicht immer nachvollziehbar scheint. Für atmosphärische Momente ist gesorgt, allein aufgrund der bedrohlich sägenden Geigenklänge. Die Hard-Fans des Splatterfilms wird „Bloodshed“ verprellen, Freunde des vordergründigen Grusels ebenso. Leicht wird es nicht eine Publikumsnische zu erschließen. Trotzdem darf ein Blick riskiert werden.
Wertung: (5 / 10)