Bitume – Aku (2017, Rookie Records)

Auch der Punk geht beizeiten zarte Wege. Ohne Stromgitarre, ohne unbedingten Vorwärtsdrall. Wie gut das funktionieren kann, veranschaulichen BITUME auf „Aku“. Die Oldenburger Deutsch-Punks haben sich den Status des Geheimtipps über die Jahre bewahrt. Es gibt nicht viele heimische Genre-Vertreter, deren Reifeprozess eine solche Fülle großartiger Songs hervorgebracht hat. Ein paar davon finden sich auf dem neuen, ihrem siebten Langspieler – in akustischer, stimmungsvoll reduzierter Variante.

Wo sonst Härte und bisweilen auch Wut regieren, steht nun die Zurückhaltung. Zumindest instrumental. Der hymnische, gern auch mehrstimmig vorgetragene Gesang erfährt höchstens in Sachen Tempo Reduzierung. Natürlich haben sich BITUME nicht ihre krawalligsten Stücke für die experimentelle Transformation ausgesucht. So gelingt die Neugestaltung von „Kein Heldenkostüm“, „Legenden“, „Maulhelden“ oder „Schöner Tag am Hafen“ geschmeidig. Ein wenig mehr Reibung bieten „Wahlwiederholung“ und „Punkrock Motorcity“, die Titeltracks ihres zweiten bzw. dritten Albums. Doch macht gerade das den Reiz von „Aku“ aus; das Altbekannte im neuen Gewand zu entdecken.

Die daraus resultierende musikalische Reise, begleitet von Kontrabass und Piano, richtet sich aber keineswegs nur an eingefleischte Fans. Der akustische Interpretationsspielraum kehrt den über die Jahre immer wieder eingebrachten Indie-Anteil mit Streifzügen gen Country stärker hervor. Das schafft nicht nur bei den beiden gänzlich neuen Beiträgen „Kammerflimmern“ und „Atlantik“ Eindruck. Ob nun „Santiago“, „Gut im Trend“, „Schöne neue Zeit“, „MS Abschied“ oder „Wind“, diese entschleunigte Sicht auf den melodischen Punk-Rock eröffnet neue Sichtweisen auf liebgewonnene alte und neue Hits. Die ersten, die diesen Weg beschreiten, sind BITUME wahrlich nicht. Eine starke Platte ist ihnen aber auch auf diesem Wege zweifelsfrei gelungen.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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