Wenn Hollywoods Stargarde die minder dotierte Schaubühne des Independent-Kinos für sich entdeckt, sind Überraschungen quasi vorprogrammiert. So sorgten in der Vergangenheit u.a. Bruce Willis und Demi Moore für „Tödliche Gedanken“, während vor noch nicht allzu langer Zeit Brad Pitt und Julia Roberts „The Mexican“ veredelten. Mit der britischen Thriller-Romanze „Birthday Girl“ hat unlängst auch Nicole Kidman ihren Einstand auf der Spielwiese des unabhängigen Filmes gegeben und dabei noch weitaus mehr Mut bewiesen, als es seinerzeit die Kollegen Pitt und Roberts taten. In Jez Butterworth zweiter Regiearbeit verkörpert die langbeinige Australierin nämlich eine russische Katalogehefrau, die sich auf Bestellung des biederen britischen Bankangestellten John (Ben Chaplin) plötzlich auf einem Flughafen im Herzen Englands wiederfindet.
Doch entspricht Nadia (Kidman) so gar nicht den Vorstellungen des schüchternen John, hatte dieser doch im Rahmen seiner Internetorder bei einer dubiosen Vermittlungsagentur explizit um eine studierte Frau mit ausreichenden englischen Sprachkenntnissen gebeten, nicht um ein kettenrauchendes Sexbömbchen ohne jeden Anflug von verbaler Gewandheit jenseits Russischer Kommunikationsbarrieren. Doch durch ihre Bewegungsfähigkeiten auf horizontaler Ebene sichert sich Nadia vorerst einen sicheren Platz im Hause des zurückhaltenden Kassierers. Johns wahre Probleme manifestieren sich allerdings erst, als am Tage von Nadias Geburtstag deren russischer Cousin Yuri (Mathieu Kassovitz) nebst Kumpan Alexei (Vincent Cassel) auftaucht. Denn nach einigen Tagen in der Gesellschaft der vermeintlichen Freunde offenbaren diese ihr wahres Gesicht. Mit Nadia als Geisel nötigen die beiden John zum Geldraub in der eigenen Arbeitsstelle und flüchten schließlich mit 90.000 Pfund und dem vermeintlichen Täter als Geisel. Doch bildet im Laufe der über John hereinbrechenden Odysee die Tatsache, dass Nadia mit den übrigen Russen gemeinsame Sache macht, noch die geringste Überraschung.
Unaufdringlich und in ruhige Bilder gekleidet, erzählt Regisseur Jez Butterworth („Mojo“), der sich in Zusammenarbeit mit seinem Bruder Tom auch für das gelungene Drehbuch verantwortlich zeigt, eine kurzweilige Geschichte ohne plumpe Klischees und dramarturgische Effekthascherei. Stattdessen garniert manch skurriler Einfall das Geschehen, während stets großes Augenmerk auf schier unbedeutende Kleinigkeiten gelegt wird, beispielsweise die Ameisen in Johns Domizil oder dessen klappriges Gefährt. Von sehr eigener atmosphärischer Kühle durchzogen, erscheinen in diesem Zusammenhang Parallelen zu Michael Radfords beinahe unbeachtetem Werk „B.Monkey“ durchaus angemessen. Auf ruhigem Erzählrhytmus gebettet, entfalten sich im fortschreitenden Handlungsverlauf diverse mehr oder weniger überraschende Wendungen, die gänzlich ohne plakativen Stilismus auskommen und letztlich in ein ebenso unspektakuläres Finale gipfeln. Doch birgt „Birthday Girl“ seinen Reiz nicht nur im Rahmen der unkonventionell in Szene gesetzten Geschichte, sondern auch im überaus stimmigen Zusammenspiel der dezent agierenden Akteure.
Neben der frischgebackenen Oscar-Peisträgerin Nicole Kidman („The Hours“), Ben Chaplin („Der schmale Grat“) und der französische Doppelpack Vincent Cassel („Der Pakt der Wölfe“) und Mathieu Kassovitz („Die fabelhafte Welt der Amelie“) für darstellerische Aktzente. „Birthday Girl“ ist sicherlich kein massenkompatibles Heimkinoerlebnis, sondern vielmehr filmische Kleinkunst auf überschaubarer Ebene, zurückhaltend und durch Ideenreichtum bestechend. Darüber hinaus gelingt Jez Butterworth einiger geringfügiger Holprigkeiten zum Trotze spielend leicht die Gradwanderung zwischen Romanze und (Pulp-)Thriller. Nicole Kidman erweitert indes nicht nur sehr überzeugend ihren schauspielerischen Horizont, sondern bleibt auch weiterhin für Projekte kleineren Ausmaßes lukrativ und von Interesse. Wer also eher auf Unterhaltung fernab ausgetretener Handlungspfade setzt und Werke der Stilgattung „Nurse Betty“ oder oben erwähntem „B.Monkey“ bevorzugt, der ist bei „Birthday Girl“ definitiv an der richtigen Adresse.
Wertung: (7 / 10)