Wenn der Horrorfilm in seinen vielfältigen Erscheinungsformen eines etabliert hat, dann ist es ein Weltbild der Kälte und Grausamkeit. Das größte Monster ist immer noch der Mensch selbst, der aus niederen Beweggründen unterdrückt, erniedrigt und mordet. Einen nur bedingt lebensbejahenden Ausschnitt fasst auch der südkoreanische Regisseur Cheol-so Jang im bedrückenden Drama „Bedevilled“, das sich, nachdem auch der letzte Funken Hoffnung gewichen ist, der Manierismen des modernen Splatterfilms bedient.
In der großstädtischen Anonymität ist die hübsche Seouler Bankangestellte Hae-won (Sung-won Ji) allein auf sich und ihren Vorteil bedacht. Am Wohle anderer ist sie kaum interessiert. Als sie im Affekt eine Kollegin ohrfeigt, wird sie zwangsbeurlaubt und reist auf das idyllische Eiland Moo-do, Heimat ihres verstorbenen Großvaters. 15 Jahre zuvor verbrachte sie dort den Sommer und lernte die gleichaltrige Bok-nam (Yeong-hee Seo, „The Chaser“) kennen, die sie in Briefen immer wieder zur Rückkehr drängte. Mittlerweile leben auf der kleinen Insel nur noch wenige Menschen. In der Abgeschiedenheit hat diese rural archaische Inselgesellschaft eine grausame soziale Hackordnung implementiert.
Deren Mittelpunkt ist Bok-nam, die wie eine Sklavin unter unwürdigen Bedingungen schuften muss. Vom Gatten Man-jong (Jeong-hak Park, „Musa – Der Krieger“) wird sie misshandelt, vom Schwager missbraucht. Wer der Vater ihrer kleinen Tochter ist, kann sie nicht einmal sicher sagen. Für Hae-won, die mit ihrem weißen Großstadt-Teint schon äußerlich wirkt wie ein Fremdkörper, bleibt der Blick auf die wahren Abgründe zunächst verborgen. Sie hält die Geschundene mit ihren Träumereien vom Leben in Seoul für eine wunderliche Außenseiterin. Als die Situation für Bok-nam und vor allem ihr Kind immer bedrohlicher wird, wagt sie einen verzweifelten Fluchtversuch aufs Festland. Mit fatalen Folgen.
Dem anmutigen Panorama und der erhabenen Naturkulisse steht die nüchterne Darstellung des quälenden Leidensweges gegenüber. Die Charakterisierung des provinziellen Milieus ist wenig subtil, aber geprägt von präzise gezeichneten Figuren und einer desperaten Stimmungslage zwischen „Wer Gewalt sät“ (1971) und „Village of Doom“ (1983). Bedächtig wird ein schwer verdauliches Bild von Missbrauch und Barbarei gezeichnet, dessen Bitterkeit mit dem endgültigen Zusammenbruch Bok-nams eine Wendung erfährt. Ihres Lebenswillens beraubt, wird die geschundene Frau zum unbarmherzigen Racheengel. Doch hat die blutige Gewalt des Schlussdrittels nichts Stilisiertes an sich.
Was diesen krassen Entwurf einer moralfreien Gesellschaft noch bestärkt, ist die Darstellung Hae-wons, die kein relativierendes und erst recht kein helfendes Element verkörpert. Schlussendlich geht es in „Bedevilled“ auch um soziale Verantwortung. Die enthemmte Schlusssequenz mag in ihrer aufgebauschten Tragik etwas aus dem Rahmen fallen, unbedingt sehenswert ist der Film aber bereits wegen des erschütternd intensiven Spiels Yeong-hee Seos. Leicht haben dürfte es dies bittere Werk trotzdem nicht: Für Cineasten zu brutal, für eingefleischte Gorehounds zu ruhig und nicht demonstrativ genug.
Wertung: (7,5 / 10)