Attentat auf Richard Nixon (USA/MEX 2004)

attentat-auf-richard-nixonManchmal braucht es große Katastrophen, um sich kleiner Unglücke zu erinnern. Die New Yorker Attentate vom 11. September 2001 mehrten die Furcht vor terroristischen Attacken aus der Luft. Es schien wie eine menschenverachtende Neuerung, Passagierflugzeuge in Gebäude zu lenken. 27 Jahre früher entging Amerika nur knapp einer Tat ähnlicher Ausführung, als der lebensmüde Samuel Joseph Byck am Baltimore-Washington International Airport eine Maschine kaperte. Sein Ziel war das Weiße Haus, seine Absicht war der Tod des amtierenden Präsidenten Richard Nixon.

Ursprünglich sollte das Spielfilmdebüt von Niels Mueller die fiktionale Geschichte eines vom Leben enttäuschten Attentäters werden. Während der Hintergrundrecherche stießen er und Co-Autor Kevin Kennedy auf den Fall Bycks und ließen sich von dessen Tatsachen inspirieren. Sean Penn („Mystic River“) bot sich bereits in der Entwicklungsphase des Projekts als Hauptdarsteller an. Erst sechs Jahre später sollte Mueller Finanziers für „Attentat auf Richard Nixon“ finden. Es produzierten drei gute Bekannte, „Sideways“-Regisseur Alexander Payne, „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“-Regisseur Alfonso Cuarón und Schauspieler Leonardo DiCaprio („Gangs of New York“).

Lose basierend auf Leben und Tod des Sam Byck mimt Sean Penn den Büromöbelverkäufer Sam Bicke. Dieser will nicht mehr als ein Stück vom amerikanischen Traum, doch wird er lediglich zum Spiegelbild dessen Schattenseite. Das unaufdringliche Portrait eines zerrissenen Mannes zeigt Oscar-Preisträger Penn abermals in Bestform. Die tiefe Tragik des Films findet Ausdruck durch sein fulminantes Spiel. Überdies betrachtet Mueller seine Hauptfigur frei von emotionalisierender Wertung. Er ist Täter und Opfer gleichermaßen. Einer besonderen Betonung bedarf diese Doppelbödigkeit nicht.

Die nüchterne Betrachtung springt in den Zeiten, beginnt mit dem Gang zum Flughafen und fährt in mehreren Etappen in Bickes Biografie zurück. Wegbegleiter des Scheiterns sind Naomi Watts („21 Gramm“) als Ex-Ehefrau und Don Cheadle („Hotel Ruanda“) als einziger Freund. Im Off bespricht der Attentäter Tonbänder, die er dem Komponisten Leonard Bernstein vor seiner Tat zusendet. Seine Musik empfindet er als rein und ehrlich. Das schafft ausreichend Vertrauen, den Künstler als posthumen Vermittler seines Erbes zu erkoren. Bicke ist sozial und beruflich gescheitert. Sein Frust projiziert sich auf Präsident Nixon als Sündenbock. Mit seiner Tat will er in die Geschichte eingehen. Man hat ihn nicht vergessen, weil sich diese wiederholt.

Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

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