„There are two things a man should never run from, even if they cost him his life. One is a man who’s helpless and can’t run with you.“ – Ein Mörder als Retter: Napoleon Wilson
Nie zeigte sich John Carpenters Verehrung für Howard Hawks deutlicher als bei „Assault – Anschlag bei Nacht“ (Alternativtitel: „Das Ende“). Für sein offizielles Kinodebüt bediente sich Carpenter bei Hawks klassischem Western „Rio Bravo“ (1959), in dem sich John Wayne und Dean Martin einem wütenden Lynchmob erwehren, der die Gesetzeshüter im Sheriff-Büro belagert. Nur verpflanzte der spätere Kult-Regisseur, der sich als Cutter hinter Waynes Rollennamen John T. Chance verbarg, die Grundzüge des Plots in die Anonymität der Großstadt und vermischte sie mit dem politischen Sprengstoff urbaner (Jugend-)Gewalt.
Weil mehrere Bandenmitglieder hinterrücks von der Polizei erschossen wurden, rüsten sich die Gangs zum organisierten Gegenschlag. Beim Überfall auf einen Eisverkäufer in einem Vorort von Los Angeles wird neben diesem auch ein kleines Mädchen erschossen. Der auf Rache sinnende Vater kann den Täter zwar töten, wird anschließend jedoch von dessen Gefolgschaft gejagt. Zuflucht findet er in einer Polizeidienststelle. Da diese jedoch geschlossen werden soll, sind nur noch wenige Beamte zugegen.
Die letzte Schichtleitung hat Lt. Ethan Bishop (Austin Stoker, „Die Schlacht um den Planet der Affen“) inne. An ihm wird es sein, den Widerstand gegen die aus dem schützenden Dunkel der Nacht attackierende Armee zu organisieren. Doch bevor es soweit ist, wird ein Gefangenentransport aufgrund der ernsthaften Erkrankung eines Häftlings ins Revier umgeleitet. Unter denen ist auch der zum Tode verurteilte Mörder Napoleon Wilson (Darwin Joston, „Eraserhead“). In ihm findet Bishop einen unverhofften Unterstützer im verzweifelten Überlebenskampf.
Gekappte Telefonleitungen und die Nutzung von Schalldämpfern führen dazu, dass der Angriff von der Außenwelt unbemerkt bleibt. Die Gangs bleiben weitgehend wort- und gesichtslos, was ihre Bedrohlichkeit nach Maßgabe des Horrorfilms noch verstärkt. Zur beklemmenden Atmosphäre trägt auch Carpenters minimalistischer Score bei – ein untrügliches Markenzeichen des Filmemachers. Dieser zieht die Spannungsschraube kontinuierlich an, wenn die überschaubare Zahl an Verteidigern der auf immer neuen Wegen ins Gebäude drängenden Meute mit ebenbürtiger Unerbittlichkeit trotzt.
„Assault on Precinct 13“, so der Originaltitel, ist ein schroffes Werk, das die Unangepasstheit des Bahnhofskinos geschickt mit der experimentellen Ader des New Hollywood kreuzt. Seine Wirkung verfehlt das mit kleinem Budget realisierte Frühwerk bis heute nicht. Die Besetzung, darunter auch Laurie Zimmer („American Raspberry“) als Sekretärin Leigh, überzeugt und macht die Bedrohung von außen im Stile von George A. Romeros Klassiker „Night of the Living Dead“ auch für den Zuschauer nachvollziehbar. Kurzum: Ein so unbequemer wie intensiver Thriller.
Wertung: (8 / 10)