Artless – Tanzparty Deutschland (1980/2007, Teenage Rebel Records)

artlesstanzpartydeutschlandErinnert sich noch jemand an ARTLESS? Vielleicht an ihren wohl bekanntesten Song „Mein Bruder is ´en Popper“? Der Werdegang der Ruhrpott-Punks währte kaum mehr als zwei Jahre, von 1979 bis 1981. Diese Zeitspanne aber reichte aus, um der deutschen Szene nachhaltig ihren Stempel aufzudrücken. Sie waren melodischer als die meisten anderen Bands ihrer Zeit und reflektierten mehr die Entwicklung der Bewegung, als dass sie sich dem Tross der pathetisch Phrasen reitenden Combos angeschlossen hätten. 1980 nahmen sie das Demo-Tape „Tanzparty Deutschland“ auf. Die darauf eingespielten 12 Tracks konserviert Teenage Rebel Records mit 13 weiteren, 1981 live in Essen aufgenommenen, unter Beibehaltung des Titels für die Nachwelt.

„´76 Punk ist da / Bisschen dünn, aber dafür hautnah / Aufstehen, nicht mehr verarschen lassen / Ein ´Fuck You´ für die trüben Musiktassen / Rockmusik, langweilig und tot / Vermarktet, konsumiert wie Toastbrot / Hinterließ nur noch ´nen schalen Geschmack / wurde Zeit, dass er wegkam, der stinkende Kack […] Und jetzt? 1980! / Die gleiche Scheiße geht von vorne los / Tausend Platten, jede ist besser / Millionen Badges, Allesfresser / Bunte T-Shirts, in Fabriken hergestellt / Massenkonsum in der heilen Punkwelt […] Du meinst, wenn du 300 Mark ausgibst / In London für Klamotten, wär´sen super Punktyp / Mit tausend Badges an der Jacke, die nur Reklame sind / Mensch, wenn das nicht nach Modenschau stinkt…“

Kein Stück könnte den Ausnahmestatus von ARTLESS besser ausdrücken, als das vorangehend zitierte „Punk 80“. Dass sich Geschichte wiederholt, ist hinreichend bekannt. Dies Musikwerk hallt geradezu prophetisch aus der Vergangenheit in eine Zeit, in der die Kommerzialisierung eines jeden Genres, ob politisch oder nicht, längst Millionenschwere Industriezweige nährt. Im Rückblick war das Quintett seiner Zeit aber nicht nur textlich, sondern auch musikalisch voraus. Die Surf-beeinflussten Rhythmen, die mitunter poppige Verspieltheit, kündet nicht vom No Future-Credo ihrer Wurzeln, er ist Zeichen einer intelligenten Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des Punk.

Sicher weisen längst nicht all ihre hymnenhaften Erzeugnisse in eine Richtung gesteigerter Cleverness. Man beachte allein den vertonten Nonsens „Knoblauch“, der den Fun-Punk in all seiner selbstreflexiven Absurdität quasi vorwegnimmt. Der Coveraufdruck des Labels lügt nicht, wenn das auf „Tanzparty Deutschland“ enthaltene Material als „Punkhistorische Aufnahme“ gepriesen wird. Die Tonqualität ist entsprechend, doch darf man nicht vergessen, dass es sich hier um bald 30 Jahre alte Demoaufnahmen aus dem Proberaum handelt. Gleiches gilt für den Konzertmitschnitt, der seinen Reiz eher durch den Raritätenstatus aufrecht erhält. Ein kleiner, fast vergessener Meilenstein.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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