Arctic Circle – Der unsichtbare Tod (Staffel 1) (FIN/D 2018)

Dass nicht allein die Schweden und Dänen die gegenwärtige Nordic-Noir-Serienkultur prägen, sondern auch die Finnen, beweist die in Kooperation mit dem ZDF entstandene Auftaktstaffel von „Arctic Circle“. Die hält mit dem frostigen Lappland ein ungewohntes, der buchstäblich unterkühlten Atmosphäre heuer zutragendes Setting bereit, in dem mit der von Iina Kuustonen („Nurses“) ausdrucksstark verkörperten Polizistin Nina Kautsalo eine weitere prägende Frauenfigur etabliert wird. Allerdings bleibt auch sie nicht frei von konstruierten Problemhorizonten, die dem komplexen Thriller-Plot einen dramatisch bisweilen aufgebauschten Unterbau bescheren.

Von ihrer Mutter Elina (Susanna Haavisto, „Ariel“) wird sie konstant als selbstständig gepriesen. Ohne die kontinuierliche Hilfe der Erzeugerin könnte die resolute Nina ihren Alltag jedoch unmöglich bewältigen. Denn ihre mit Down-Syndrom geborene Tochter Venla (Venla Ronkainen) bedarf eines Maßes an Fürsorge, das mit dem Polizeidienst nur schwerlich überein zu bringen ist. Vor allem, als Nina in einer abseitigen Hütte auf eine eingesperrte Frau stößt, die sich als russische Prostituierte entpuppt. Mehr noch werden in unmittelbarer Nähe die Leichen zweier weiterer weiblicher Opfer gefunden. Der dringend verdächtige Eigner der Hütte, Raunola (Jari Virman, „Euthanizer“), bleibt indes unauffindbar.

Dafür wird bei medizinischen Untersuchungen der Frauen ein mysteriöser Erreger entdeckt, für dessen Identifizierung der deutsche Virologe Dr. Thomas Lorenz (Maximilian Brückner, „Sophie Scholl – Die letzten Tage“) hinzugezogen wird, der in Diensten des European Center for Disease Control steht. Zu seinem Entsetzen stellt er fest, dass es sich um das tödliche Jemen-Virus handelt, das schwangere Frauen und ihre ungeborenen Kinder schädigt. Aufgrund der Tragweite der Entdeckung wird Lorenz unmittelbar Richtung Polarkreis gesandt, um die Ermittlungen zu unterstützen. Gemeinsam mit Nina rückt er schrittweise in den Vertrauenskreis von Jaakko Stenius (Kari Ketonen, „Iron Sky: The Coming Race“), der den Fall für die kriminalistische Zentralbehörde leitet.

Thomas‘ Tests ergeben bald, dass auch Ninas unstete Schwester Marita (Pihla Viitala, „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“) das Virus in sich trägt. Während sich der Kreis von Infizierten und potentiellen Mitwissern beständig erweitert, entpuppen sich zwei Männer als Schlüssel zur Enthüllung der Hintergründe: der in Russland ansässige Mobster Cevikovic (Aleksandar Jovanovic, „Die versunkene Stadt Z“) und der undurchsichtige Pharma-Millionär Marcus Eiben (Clemens Schick, „Point Break“). Als das Virus mutiert und sich zum weit größeren Gefahrenherd auszuweiten droht, greifen Nina und Thomas als Teil einer verdeckten Operation zu drastischen Maßnahmen, um den Patienten Null zu identifizieren und die Entwicklung eines möglichen Gegenmittels sicherstellen zu können.

Die sich geschickt zuspitzende Kriminalgeschichte schafft vor dem Hintergrund beeindruckender Landschaftsaufnahmen und sehenswerter Schauspielleistungen rasch die erforderliche Sogwirkung. Allerdings lässt der von Hannu Salonen („Schuld“) souverän inszenierte, obgleich in der deutschen Synchronisation nicht durchweg überzeugende Zehnteiler nach packendem Auftakt merklich das Tempo schleifen. So bietet sich vermehrt Raum für persönliche Verstrickungen der Figuren. Dass sich Nina und Thomas im Laufe der gemeinsamen Ermittlungen näherkommen, bleibt für den Plot – und die Einsatzbereitschaft des Virologen – dabei aus dramaturgischen Gründen nachvollziehbar.

Wie streckendes Stückwerk erscheinen jedoch Ninas Konflikte mit Venlas Vater Esko (Sänger Mikko Leppilampi, „Bordertown“) oder der Sorgerechtsstreit zwischen Thomas und seiner manischen Gattin Gunilla (Maria Ylipää). Hinzu gesellen sich Wendungen, die zwischen Klischee und Plattheit rangieren. So mutiert das Virus ausgerechnet in Venla, um den Kampf gegen die Zeit zusätzlich zu befeuern. Obendrein wird das Spannungsfeld zwischen Eiben und Jovanovic schlussendlich auf ein simples Racheszenario heruntergebrochen. Das Komplexe erscheint am Ende somit doch wieder simpel. Spannende Unterhaltung ist bei „Arctic Circle“ trotz Schwächen garantiert. Und da das Finale genug offene Fragen für eine Fortsetzung lässt, ist eine seriale Rückkehr ins klirrend kalte Lappland keineswegs ausgeschlossen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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