Wer hätte gedacht, dass „Sex and the City“-Star Kim Cattrall US-Präsidentin werden würde? Zumindest im Fernsehen wird diese abwegige Vorstellung Realität; in der Thriller-Reihe „Der Mörder in uns“. Wurde deren erste Staffel noch mit dem Titel „Modus“ versehen, ersetzt diesen bei der Fortsetzung der Name jener populären Autorin, die den zugrundeliegenden Roman „Die Präsidentin“ verfasste: Anne Holt. Die ehemalige Juristin und Justizministerin Norwegens zählt zu den Granden skandinavischer Krimikost. Die vorliegende TV-Adaption wird diesem Status allerdings kaum gerecht.
Zu lang, zu konfus, zu unglaubwürdig. Die acht Episoden – im deutschen Fernsehen zu vier Spielfilm-Folgen zusammengefasst – bleiben hinter dem gewohnten Qualitätsmaßstab nordischer Thriller deutlich zurück. Dabei verfügt der Aufhänger über ausreichend Spannungspotential: Bei einem Amtsbesuch in Stockholm verschwindet US-Staatsoberhaupt Helen Tyler (Cattrall) spurlos. Die Polizei ist ratlos. Neben persönlichen Verstrickungen, schließlich lebte Tyler einst in der schwedischen Hauptstadt, wird selbst eine Urheberschaft des Islamischen Staates in Betracht gezogen.
Während Polizeichefin Alva Roos (Paprika Steen, „Der Kommissar und das Meer“) bemüht ist, die Medien im Unklaren zu lassen, wird neben Ermittler Ingvar Nyman (Henrik Norlén, „GSI – Spezialeinheit Göteburg“) auch dessen schwangere Lebensgefährtin, die Kriminalpsychologin Johanne Vik (Melinda Kinnaman, „Der Adler – Die Spur des Verbrechens“), zum brisanten Fall hinzugezogen. Dabei muss sie sich einem traumatischen Kapitel ihrer Vergangenheit stellen: Während ihrer Ausbildung in den USA wurde sie von FBI-Agent Warren Schifford (Greg Wise, „Sinn und Sinnlichkeit“) vergewaltigt. Ausgerechnet er dient der schwedischen Polizei als Unterstützer. Konflikte sind unweigerlich vorprogrammiert. Denn Johanne hat die Misshandlung selbst Ingvar verschwiegen.
Was auf Ebene der persönlichen Verstrickungen solide funktioniert, lässt bei der schleppenden Suche nach der Präsidentin jede Bodenhaftung vermissen. Ein Beispiel: Als ein Sicherheitsmann aus Tylers Stab als Mittäter überführt werden kann, erschießt ihn Schifford, bevor er befragt werden kann. Konsequenzen resultieren daraus keine. Für die Serie ist das ein Segen, da der schmierig auftrumpfende Wise ein seltener Lichtblick bleibt. Aufgrund wiederholter Rückschläge – ein wichtiger Zeuge/Beteiligter wird im Gefängnis ermordet –vermutet Ingvar bald einen Maulwurf in den eigenen Reihen. Sein Vertrauen genießt allein Johanne. Als die jedoch entscheidende Indizien richtig deutet, agiert sie auf eigene Faust.
Aus Routine erwächst spätestens Leerlauf, wenn die Profilerin in einer verlassenen Zementfabrik auf das vermisste Staatsoberhaupt stößt. Statt Aufklärung setzen die Autoren Mai Brostrøm und Peter Thorsboe („The Team“) jedoch auf relativen Stillstand und bringen gar eine alibihafte Gebäudesprengung ein, da die Entschlüsselung der tatsächlichen Hintergründe zwischen dem Zutun eines saudi-arabischen Multimillionärs, einem russischen Killer und der wahren Herkunft von Tylers Tochter Zoe (Emilia Poma) nur schwerlich nachvollziehbar erscheint. Unter dem Strich bleibt bestenfalls passable, mit Billy Campbell („The Killing“) als Tylers Ehemann immerhin bis in die Nebenrollen anständig besetzte Krimikost, der es an Tempo und Spannung mangelt. Gaststar Cattrall müht sich zwar redlich, doch auch für sie hält „Der Mörder in uns“ zu wenig Raum bereit, um bleibende Eindrücke zu vermitteln.
Wertung: (5 / 10)