Andy Warhol´s Dracula (F/I 1974)

warholsdracula„The blood of these whores is killing me.“ – Dracula

Als eine zentrale Figur der Pop-Art wurde Andy Warhol zur Legende. Neben der Malerei betätigte er sich als Graphiker, Skulpteur, Autor und experimenteller Filmemacher. In den Siebzigern öffnete er sich dem Kommerz, was sich auch in den exploitativen B-Movies niederschlug, die Paul Morrissey („Flesh“, „Trash“, „Heat“) unter seiner Produktion fertigte. Deren populärste sind „Flesh for Frankenstein“ und „Blood for Dracula“, die mit annähernd gleicher Crew und Besetzung an fast identischen Drehorten in Serbien entstanden.

Die ob ihrer Explikation berüchtigte „Frankenstein“-Variante beendete Morrissey vor Drehplan und schöpfte nicht einmal das Budget aus. Ergo wurde binnen drei Wochen für knapp 300.000 Dollar „Andy Warhol´s Dracula“ nachgeschoben, für dessen kränkliche Verkörperung Udo Kier („Hexen bis aufs Blut gequält“) zu hungern begann. Die Intensität seiner Darstellung packt, doch bleibt der Streifen über weite Strecken kaum mehr als eine filmische Banalität mit angestrengt künstlerischem Unterton.

In den Neunzehnzwanzigern zieht es den sterbenden Aristokraten Dracula von der rumänischen Heimat gen Italien, wo er eine Jungfrau zu finden hofft, deren Blut sein Leben verlängert. Mit seinem Diener Anton (Arno Jürging, „Sieben Tage Frist“) macht er der verarmten landadligen Familie Di Fiore seine Aufwartung, deren vier Töchter er nach christlicher Erziehung als unberührt vermutet. Die Eltern hoffen durch Draculas Brautwerbung auf wiederkehrenden Wohlstand und blenden Zweifel an der Integrität des Grafen einfach aus.

Doch die als heiratsfähig angepriesenen Schwestern Saphiria (Dominique Darel, „Drei Vaterunser für vier Halunken“) und Rubinia (Stefania Casini, „1900“) vergnügen sich allabendlich mit dem potenten Knecht Mario (Joe Dallesandro, „Cotton Club“), der zudem mit kommunistischen Ideologien kokettiert. Als sich Dracula, dem weder Tageslicht noch Kruzifixe ernsthaften Schaden bereiten, in die Schönheiten verbeißt, macht ihn das unreine Blut nur mehr kranker und er beginnt ihren Saft in verstörenden Sequenzen einem Junkie gleich wieder auszuspeien.

Das freizügig softpornographische Spiel mit klassischen Horror-Motiven, die unter Morrissey wiederum eigenwillig variiert, jedoch weniger schockierend als bei „Frankenstein“ auf die Spitze getrieben wurden, verfügt über eigentümliche Reize. Die im englischen Original akzentreichen europäischen Darsteller überzeugen, ebenso die stimmungsvollen Kompositionen Claudio Gizzis („Che?“). Insgesamt aber bleibt Warhols depressive Vampir-Tragödie, bei der Mario den Aufstand des Proletariats im grotesk blutberauschten Finale mit der Axt herbeiführt, zu angestrengt, um über vereinzelt wirkungsvolle Spitzen bleibende Eindrücke zu vermitteln.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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