Andrew Paley – Scattered Light (2020, Highwires)

Solo-Alben brauchen Zeit. Einerseits in der Erstellung, andererseits in der Veröffentlichung. Der erstgenannte Aspekt erscheint aus künstlerischer Perspektive nur zu verständlich. Schließlich wollen Ideen und Songs reifen; außerhalb der Dynamik eines Bandverbunds. Dass Andrew Paleys zweite Platte im Alleingang viel später herausgebracht wurde, als ursprünglich intendiert, hat jedoch keinerlei kreative Ursachen. Vielmehr findet sich die Begründung, wie bei nahezu allem in diesem Jahr, in der Corona-Pandemie. Geschrieben hat der THE STATIC AGE-Frontmann die elf Tracks weit vor dem globalen Covid-Ausbruch. Und trotzdem erscheint „Scattered Light“, so der Titel von Paleys jüngstem Streich, wie der perfekte Soundtrack eines Jahres, das ist wie kaum eines zuvor.

Musikalisch orientiert sich der Chicagoer Informatik-Doktorand am Wave- und Synthie-Pop der 80er. Der melancholisch versehene Ansatz wirkt oft zurückgenommen, was auch an Paleys zart hervorgehobener, nicht selten gehauchter Stimme liegt. Darunter greifen elektronische Elemente ineinander, deren scheinbare Fragilität in Kontrast zum oft politischen Kontext der Lyrics steht. Paley lotet Gefühlshorizonte aus, die eng mit dem Zustand der USA unter dem scheidenden Präsidenten Donald Trump verknüpft sind. Und dem Leben in einer modernen Welt, deren technische Errungenschaften das Individuum nicht selten auf Fußspuren im digitalen Raum reduzieren.

Aus dem Gegensätzlichen, der auditiven Anmut und dem inneren Konflikt, zaubert Paley eine bemerkenswerte Platte. Die scheint auf einem durchweg erhabenen Niveau zu verweilen, setzt durch flottere Momente („Sequels“) und punktiert leuchtendere Klangfarben („Dirty Jeans“) aber genug Ausrufezeichen, um den Hörer zu fordern. Und das Beste daran: Die Wirkung dieser im besten Sinne zeitlosen Scheibe wird auch noch erhalten bleiben, wenn Covid und Trump längst Schnee von gestern sind.  

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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