Elijah Wood setzt alles daran, dem Fluch des Herrn Frodo zu entkommen. Dafür bereist er sogar im Trabbi die Ukraine. „Der Herr der Ringe“ machte den ehemaligen Kinderstar zur Größe des adulten Hollywood. Mit der Popularität steigt aber auch die Gefahr allein an dieser Rolle gemessen zu werden. ´Luke Skywalker´ Mark Hamill kann ein Lied davon singen. Nur allzu verständlich ist Woods Jagd nach dem Glanz der Vielseitigkeit. Bewiesen hat er es bereits. Als teuflischer Schlächter in der Comic-Verfilmung „Sin City“. Als passionierter Schläger im Milieu-Drama „Hooligans“.
„Alles ist erleuchtet“, das Regiedebüt des Schauspielers Liev Schreiber („Der Manchurian Kandidat“), lässt Elijah Wood dezente Töne anschlagen. Die zu Unrecht kaum beachtete Filmfassung des gleichnamigen Romans von Jonathan Safran Foer schickt ihn abermals auf eine abenteuerliche Reise. Diesmal ins Herz der Vergangenheit, in die Seele eines Landes am Scheideweg in eine ungewisse Zukunft. Wood spielt Jonathan Safran Foer, einen amerikanischen Juden mit obskurer Sammelleidenschaft für familiäre Andenken. Eine handvoll Erde, ein Gebiss, Fotografien. Scheinbare Kleinigkeiten, in Plastiktütchen versiegelt, die helfen, das Vergessen zu besiegen.
Die verblasste Fotografie seines Großvaters zeigt ihn neben einer jungen Frau. In der heutigen Ukraine bewahrte sie ihn während des zweiten Weltkriegs vor den nahenden Nationalsozialisten. Jonathan will sie ausfindig machen und heuert als Fahrer den Übersetzer Alex (Eugene Hutz, „Kill your Darlings“) und seinen verschrobenen Großvater (Boris Leskin, „Eine Couch in New York“) nebst Blindenhund an. Im himmelblauen Trabant geht es durch ehemalige Sowjetgebiete, die sich in all ihrer zerrissenen, mitunter wunderschönen Zwiespältigkeit präsentieren. Schreiber zeigt die Ukraine als wunderlichen Ort, an dem der Verfall ebenso beheimatet ist wie die Fruchtbarkeit.
Der Ton bleibt beständig leise, der Witz subtil. Die Figuren sind nicht kauzig zum Zweck humoristischen Zubrots, sie sind es im Sinn charakterlichen Lakonismus. Vergleichbar mit den Werken Emir Kusturicas vermischt sich in „Alles ist erleuchtet“ Folklore mit Vergangenheitsbewältigung und bittersüßer Melancholie. Der Holocaust ist als zentrales Thema nur Beiwerk. In der auch gegenwärtig noch beizeiten spürbaren Zerrissenheit Europas offenbaren sich seine Narben. Am Ende der Suche stehen wieder archivierte Erinnerungen. Dem amerikanischen Besucher genügt es. Für die Zeugen jener dunklen Epoche ist es zu wenig. Ein kleiner Film mit großer Wirkung, an dessen Ausklang alle ein wenig erleuchtet sind. Auch der Zuschauer.
Wertung: (8 / 10)