Alice im Wunderland (USA 2010)

alice-im-wunderland-burtonKann etwas schief gehen, wenn der morbide Kinomagier Tim Burton den Lewis Carroll-Klassiker „Alice im Wunderland“ neu verfilmt? Mit modernster Animationstechnik, in 3D und Johnny Depp in einer Hauptrolle? Wohl kaum. Verschätzt hat sich Burton überhaupt erst einmal, beim seelenlosen Remake vom „Planet der Affen“. Wenn es seiner Version der Alice im Fabelreich also einen Vorwurf zu machen gilt, dann den, dass der sündhafte teure Bilderrausch die Geschichte im Soge visueller Überfrachtung gern mal schleifen lässt.

Bemerkenswert ist, dass Burton seinen Stil gegen Studiovorgaben und kommerzielle Zugeständnisse behaupten konnte. Wie die literarische Vorlage ist der Film mitunter wenig kindgerecht, das Wunderland farbintensiv und düster zugleich. Mit seinen an „Sleepy Hollow“ erinnernden windschiefen Baumleichen und erst recht den Bewohnern: Skurrile, manische, nicht selten geisteskranke Geschöpfe, die von eierförmigen Zwillingen über sprechende Raupen bis zur Grinsekatze und dem verrückten orangehaarigen Hutmacher reichen, den Depp als bizarre Mixtur aus Willy Wonka und Sweeney Todd verkörpert.

Zuerst aber wird Alice (Mia Wasikowska, „In Treatment“) vorgestellt, mittlerweile 19 Jahre alt und ohne Erinnerungen an das Wunderland, das eigentlich Unterland heißt. Sie hält es für einen seit Kindertagen wiederkehrenden Traum. Ihrem Schicksal stellen muss sich die junge Frau, als sie auf der Flucht vor einem blasierten Verlobten in spe in ein Erdloch stürzt und der bösen Herzkönigin (mit großem Haupt auf kleinem Körper: Helena Bonham Carter, „Fight Club“) laut Prophezeiung die Stirn bieten soll. Aber verfügt ausgerechnet sie, ein bleiches und zurückhaltendes Mädchen, über die nötigen Erlöserqualitäten?

Die Suche nach Vorsehung und Selbstbestimmung gerät Burton Dank Autorin Linda Woolverton („König der Löwen“) und Kameramann Dariusz Wolski („Sweeney Todd“) zum skurrilen Spektakel mit betörenden Schauwerten. Während die despotische Herzkönigin Köpfe rollen lassen will, überzeugt der Hutmacher Alice von der Dringlichkeit des Widerstands. Der soll die Weiße Königin (Anne Hathaway, „Der Teufel trägt Prada“) auf den Thron zurückbringen und der Tyrannei ein Ende setzen. Der faszinierende Fantasy-Trip mag inhaltlich bisweilen inkonsistent wirken, die visuelle Wucht und spielfreudige Darbietungen der Stars machen „Alice im Wunderland“ aber unbedingt sehenswert.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

scroll to top