Der Prototyp des Katastrophenkinos heißt „Airport“. Und wie das so ist mit Vorreitermodellen, leidet auch dieses an Kinderkrankheiten. Regisseur George Seaton („Die Geier warten schon“) wollte der komplexen Romanvorlage Arthur Haileys durchweg gerecht werden, was nicht nur auf dem Lincoln Airport zu heilloser Überfüllung führt. Dicht an dicht drängen sich die Figuren, deren Probleme bald auch die des Filmes sind. Denn die Auslotung der Protagonisten kostet Zeit. Viel Zeit. Im ersten Drittel des gut 130-minütigen Streifens bewegt sich nicht viel. Vor allem nicht das Flugzeug, das auf der längsten Landebahn im tiefen Schnee feststeckt.
Zu all den Widrigkeiten des Personals kommen zwischenmenschliche Konflikte in einer solchen Vielzahl, dass die meisten lediglich angedeutet bleiben. Wie der zwischen dem arroganten Flugkapitän Dean Martin („Die vier Söhne der Katie Elder“) und Flughafenleiter Burt Lancaster („Der Leopard“), bei dem der erste mit der Schwester des zweiten liiert ist. Das aber hält ihn nicht davon ab, mit Stewardess Jacqueline Bisset („Bullitt“) anzubändeln, woraus noch vor dem Start unplanmäßiger Nachwuchs resultiert. Die persönlichen Verstrickungen sind verzweigt, schließlich ist auch die Ehe Lancasters zum Scheitern verurteilt. Doch mit der heimlich verehrten Assistentin Jean Seberg („Westwärts zieht der Wind“) scheint sich optimaler Ersatz abzuzeichnen.
So geht es weiter. Nur der gegen Ende zwangsläufig in Not geratende Flieger, der mit Martin an Bord, will einfach nicht starten. Denn es fehlen noch weitere üppig ausgekleidete Charaktere. Solche wie eine notorische alte Schwarzfliegerin, gespielt von der strapaziösen, immerhin aber Oscar-prämierten Helen Hayes („Anastasia“), die Lancaster erst die Zeit stiehlt, sich dann ausgerechnet unter die Passagiere der Unglücksmaschine mischt und am Ende auch noch zur Rettung des Tages beitragen darf. Die ist auch bitter nötig, plant der verzweifelte Van Heflin („Mein großer Freund Shane“) jenes Flugzeug doch mit einer Bombe zu zerstören und seiner Gemahlin Maureen Stapleton („Reds“) von der Versicherungssumme ein sorgloses Leben zu bescheren.
Die Erzählung wirkt sehr altmodisch, wider dem Trend des New Hollywood auf theatralisch überladene Gesten und überflüssige Erläuterungen setzend. Daraus aber lässt sich kein Tempo und damit verbunden auch keine Spannung destillieren, so dass der Film mit unvorteilhafter Tendenz zum Stillstand vor sich hinplätschert. Die darstellerische Ausnahme bleibt der lebhafte George Kennedy („Erdbeben“), der als Haudegen Joe Patroni die blockierte Landebahn für den ramponierten Flieger räumt. Das kam offenbar so gut an, dass Kennedy auch in den drei Quasi-Fortsetzungen mitwirkte.
„Airport“ ist eine Flughafen-Soap, die in ihrer Lethargie erstarrt. Auf die Essenz der (Beinahe-)Flugkatastrophe reduziert wurden die Desaster-Movies zu Kassenknüllern. Dieser hier lebt durch seinen Vorreiterstatus der dramaturgischen Blaupause. Als Vergnügen ist er entgegen des Starschaulaufens aber nur noch sehr eingeschränkt auszuweisen.
Wertung: (5 / 10)