Against Me – White Crosses (2010, Sire Records)

220px-Against_Me!_-_White_Crosses_coverMal ehrlich, wer nach „New Wave“ noch dachte, AGAINST ME! würden in der Folgezeit zurück zu ihren Wurzeln finden, der muss irgendetwas nicht verstanden haben. Das einstige DIY-Flagschiff mit Hausbesetzer-Charme hat sich zwar stetig verändert, aber zuvor eben nie so vehement wie auf dem Weg zu „New Wave“. Da wurden die Kanten von Butch Vig artig gestutzt und ein Song wie „Stop“ auf Tanzflächenkompatibilität getrimmt. Ein paar Hymnen gab es aber auch noch. Und ähnlich verhält es sich nun auch mit „White Crosses“, abermals mit Butch Vig hinter den Reglern. Ein paar Hymnen gibt es wieder. Aber alles wurde nochmals überarbeitet, der Gesang Gabels zum Beispiel wirkt nur noch glatt, da gibt es nicht mal mehr ein leichtes Kratzen in der Stimme. Zudem klingt alles voluminöser und größer. Das Grundgerüst AGAINST ME! ist noch zu hören, aber man muss schon ganz genau hinhören.

Es ist vollkommen legitim, wenn man mit seiner Musik Geld verdienen möchte und die Karriere Schritt für Schritt vorantreibt. Kaum einer Band ist das mehr zu gönnen als Tom Gabel und seinen Mannen. Dass man damit alte Fans verprellen könnte bzw. wird, muss man dann einfach in Kauf nehmen. Genau die bekommen mit „White Crosses“ gewiss weiteres Futter für ihren Unmut vorgeworfen. Natürlich ist „I Was a Teenage Anarchist“ eine hochglänzende Rocknummer mit einem Text, der altgedienten Fans vielleicht sauer aufstoßen wird. Auf der anderen Seite ist Gabel nur ehrlich und hat damit auch einfach recht. Das Wichtigste aber ist, es ist immer noch eine verdammt anständige Rocknummer! Zwischen all dem Glanz scheint die alte Leidenschaft für große Hymnen nämlich mehr als nur einmal durch. Supporttouren für ein paar Rockgrößen haben sie schon hinter sich. Ihren eigenen Soundtrack für die großen Hallen der Welt haben sie mit „White Crosses“ nun endgültig selbst mitgebracht („Suffocation“). Da klatschen selbst GREEN DAY in der ersten Reihe mit.

Vor allem bei den poppigen Nummern wird der Geduldsfaden aber schon arg strapaziert. „Because Of the Shame“ hat mit seinem Klavier und OhOhOh-Chören schon fast den Schmelzfaktor eines JIMMY EAT WORLD Songs, während „We´re Breaking Up“ einfach unglaublich belanglos ist. Ähnliches trifft auch auf die Ballade „Ache With Me“ zu. Dafür können die rockigeren Songs durchaus überzeugen, zumindest zufrieden stellen. Da siegen häufig doch die Melodien und Refrains über alle Glättungen („High Pressure Low“, „Rapid Decompression“).

Ihren Weg darf man konsequent wie mutig zugleich nennen. Egal, was da in den letzten Jahren auf sie niederging, ganz offensichtlich ließen sie sich davon nicht beeindrucken. Mögen muss man das (musikalisch) nicht mehr, keine Frage. Aber verteufeln, nur weil eine Band auch nach vorn schaut, darf man sie auch nicht. Fest steht, die Band hat sich verändert. Wenn man das aber akzeptiert, dann kann mit dem Großteil von „White Crosses“ und der Band an sich weiterhin eine Menge Spaß haben.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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