Nach knapp zweieinhalb Jahren gibt es nun endlich wieder ein Album der in unseren Breitengraden (bislang) zu Unrecht kaum beachteten AFI zu bewundern. Dieser lang erwartete Longplayer, der sechste in mehr als 10 Jahren Bandgeschichte, trägt den Titel „Sing the Sorrow“ und markiert bezüglich der Schaffenskraft AFIs nach der Auflösung der langjährigen und überaus fruchtbaren Beziehungen zu Nitro Records deren ersten Ausflug in die Gefilde hochdotierter Musikproduktionen. Und obwohl die Scheibe auf den ersten Blick arg gewöhnungsbedürftig anmutet, übertrifft das via Dreamworks vertriebene Ergebnis der jüngsten Anstrengungen des Quintetts letzten Endes doch die gesetzten Erwartungen um ein vielfaches.
Denn AFI haben wieder einmal, wie beinahe auf jedem bisher veröffentlichten Album, ihren unvergleichlichen Stil neu definiert und eine fesselnde Mischung aus Alternative-Rock und Punk geschaffen. Dem Zuge dieser musikalischen Neuordnung fielen zwar die sonst so hervorstechenden und prägnanten Hardcore-Einflüsse zum Opfer, doch entwickeln die 12 Songs auch ohne die gewohnte Fülle an Härte eine durchweg spürbare Intensität, welche zumindest in diesem Punkte alles bisher veröffentlichte der Band in den Schatten stellt. Gewohntermaßen in stete Melancholie getaucht und von bedeutungsschwangerem Kontext durchzogen, besticht „Sing the Sorrow“ durch das hochkarätige Songwriting und die Experimentierfreude, die nicht nur Versatzstücke elektronischer Musik mit einzubeziehen weiß, sondern auch Platz für den unverwechselbaren Charme hymnischer Choräle des 70er- und 80er-Jahre Heavy Metal findet.
Anbei erscheint der passagenweise extrem harte Gesang von Frontmann Davey Havok wie ein Restrudiment vergangener Tage und bildet obendrein einen stimmigen Kontrast zu den Passagen ruhigerer Gangart. Im Grunde erscheint die hier manifestierte Weiterentwicklung bei näherer Betrachtung durchaus absehbar, legten AFI doch schon in der Vergangenheit durch Songs wie „Clove Smoke Cathersis“ und „At a Glance“, beide auf der Platte „Black Sails in the Sunset“ zu finden, oder „Ever and a Day“ und „6 to 8″, dem Album „The Art of Drowning“ zuzuordnen, den Grundstein des nun feilgebotenen Repertoires. Alles andere als eine massenkompatible Anbiederung, sondern vielmehr das Produkt eines konsequent vollzogenen Reifeprozesses präsentieren AFI mit diesem vielschichtigen Album und erwehren sich somit überaus erfolgreich jeglichem kommerziellen Weichspüler. Das innere Feuer AFIs lodert dieser Tage mehr denn je und macht „Sing the Sorrow“ schon jetzt zu einer der besten Platten des Jahres.
Wertung: (9 / 10)