Plötzlich wurde es komplexer. Die „A Fire Inside“-EP hatte angedeutet, wohin die Reise für AFI gehen würde. Nach drei herrlich unverblümt lärmenden Platten und der individuellen Ausgestaltung des Hardcore-Punks war die Zeit einer düsteren, merklich rockigeren Erneuerung gekommen. Auf „Black Sails in the Sunset“ rankten sich die Themen mehr denn je um Erlösung und wurden durch religiöse Andeutungen atmosphärisch aufgeladen. Von der grundlegenden Härte war jedoch genug übrig geblieben, um die Fans der ersten Stunde nicht zu verprellen – und in den schleichenden Entwicklungsprozess zu integrieren.
„Malleus Maleficarum“ oder das von mitreißender Gitarrenarbeit geprägte „Smoke Clove Catharsis“ – mit Gastsänger Dexter Holland (OFFSPRING), der das Album über sein Label Nitro Records auch veröffentlichte – stehen als Prototypen richtungsweisend für die musikalische Wandlungsbereitschaft und offenbaren Davey Havoks allmähliche Abkehr vom Schreigesang. „No Poetic Device“ oder „The Last Kiss“ hingegen tendieren zur melodiösen Ruppigkeit der Anfangstage und nehmen den Stilmix vorweg, der den Nachfolger „The Art of Drowning“ zur besten Platte ihres karrieristischen Mittelteils machen sollte. Das stärkste Output der Kalifornier ist „Black Sails in the Sunset“ sicher nicht. Als Übergangsphase und Stilfindung jedoch ein ebenso mitreißender wie notwendiger Kilometerstein.
Wertung: (7,5 / 10)