Die Resozialisation geht beizeiten seltsame Wege. Der auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassene Neonazi Adam (Ulrich Thomsen, „Königreich der Himmel“) wird in die Obhut des Geistlichen Ivan („Casino Royale“-Bösewicht Mads Mikkelsen) entsandt. In der beschaulichen Abgeschiedenheit soll sich der gewalttätige Schläger auf gesellschaftliche Werte rückbesinnen. Gar nicht so leicht, wenn der bekennende Sünder das Kreuz in seiner Kammer gleich gegen ein Portrait Adolf Hitlers austauscht. Doch der Führer fällt, nicht nur beim morgendlichen Glockengeläut, auch im Denken des passionierten Unmenschen. Von dieser wundersamen Wandlung erzählt „Adams Äpfel“.
Das dänische Kino hat durch erfrischend unangepasste Filme in der ganzen Welt auf sich aufmerksam gemacht. Anders Thomas Jensens („Dänische Delikatessen“) buchstäblich rabenschwarze Provinz-Posse ist Ausdruck dieser kreativen Eigenständigkeit, die zugleich erhellen und überraschen kann. Seine tragikomische Geschichte lebt durch überspitzte Figuren, die trotz ihrer Skurrilität genug Potenzial besitzen, um sich zumindest am Rande mit ihnen identifizieren zu können. Jeder Mensch braucht ein Ziel im Leben. Da die Verweildauer der meisten Gäste Ivans beschränkt ist, geht es in seinem Dunstkreis um entsprechend klein gesteckte. Adams Streben gilt einem Apfelkuchen, dessen Realisierung, so scheint es, keinerlei Problem im Wege steht. Doch es kommt anders.
Im Garten der Kirche steht ein reichhaltig bestückter Apfelbaum. Erst sind es Krähen, dann sind es Würmer. Wiederholt geht der Ofen kaputt. Adam stört das nicht weiter. Nur Ivan sieht darin Zeichen Satans, der stetig darum bemüht scheint, Steine in den Weg derer zu legen, die ihr Leben nach den Geboten Gottes auszurichten versuchen. Überhaupt entpuppt sich der Priester als nahezu fanatischer Gutmensch, der schlicht jedes Unheil an sich abprallen lässt. Der Selbstmord der Frau wird so zum bedauerlichen Unfall degradiert, die Behinderung des Sohnes einfach ignoriert. Unterstützt wird er bei der Aufrechterhaltung seines Weltbildes von den kauzigen Gesellen Khalid (Ali Kazim, „Rule No. 1“) und Gunnar (Nicolas Bro, „The Good Cop“), zwei seiner Schützlinge, die ihren Aufenthalt auf unbestimmte Zeit verlängert haben.
An Schärfe gewinnt die Dramaturgie durch Adams wenig zimperliche Bestrebungen, den unerschütterlichen Optimismus Ivans zu brechen. Wiederholt schlägt er ihn zusammen, provoziert ihn, bis Blut aus seinem Ohr läuft und stellt all das infrage, woran er glaubt. Die Folgen sind fatal, was dem grotesken Treiben eine zutiefst makabre Note verleiht. Dennoch sei „Adams Äpfel“ auch zart besaiteten Zuschauern empfohlen, weil Autor und Regisseur Jensen bei aller Übertreibung (und aller Gewalt) auf eine emotionale Entwicklung setzt, die an das Gute im Menschen appelliert und mit den schrägen Typen seines Mikrokosmos perfekt harmoniert. Politisch unkorrekt und trotzdem so warmherzig, wie der raue Norden nur sein kann. Großartig.
Wertung: (8 / 10)