Dass die Musik der 80er auch heute noch geschmackskompatibel verarbeitet werden kann, bewiesen ACTION ACTION mit ihrem Debütalbum „Don’t Cut Your Fabric to this Year’s Fashion“. Mit dem typischen Victory-Sound konnte das Gespann nicht in Einklang gebracht werden, zu wenig fügte sich ihre Musik ins vorgefertigte Bild von Hardcore und Emo. Trotzdem waren die Reaktionen wohlwollend, die Verkaufszahlen zufriedenstellend. Mit dem rätselhaften Folgewerk „An Army of Shapes Between Wars“ entfernt sich der Vierer aus New York weiter von angestammten Soundspektren und ist selbst mit dem Vorgänger nur noch rudimentär in Einklang zu bringen. Somit gilt die Neuentdeckung der Band nicht nur für Unkundige.
Von den verspielten Arrangements zwischen New-Wave-Punk und Indie-Rock ist wenig geblieben. Auf „An Army of Shapes Between Wars“ experimentieren ACTION ACTION mit elektronischen Klängen und ziehen die Melodien meist ohne Tempo kunstvoll in die Länge. Einleitende Alleingänge von Gitarre und Orgel sind keine Seltenheit, ebenso wenig eingeschobene Zwischenspiele am Rande des Stillstands. Die melancholische Unbeschwertheit scheint einem verkopften Schwebezustand selbstmitleidiger Befindlichkeit gewichen zu sein. Entsprechend raubt die allgegenwärtige Stimmungsdämmerung manchem der 13 Songs seine potentielle Eingängigkeit. Doch das Konzept geht auf. Nach mehrmaligem Hören entfalten Stücke wie „Sleep Paralysis“ oder „The Game“ ihre nachhaltige Sogwirkung.
Mit hymnischen Refrains und punktiert aufblitzendem Optimismus richtet sich „An Army of Shapes Between Wars“ zu voller Größe auf, erschließt mit Anleihen bei Dark Wave und Brit-Pop neues Terrain. Die melodische Disharmonie scheint gewollt und konstruiert neben Unvorhersehbarkeit mitunter Unbehagen. ACTION ACTION geben weniger und verlangen mehr. Ihr zweites Album ist keine Platte zum Wohlfühlen, sondern ein emotionales Wechselbad. In dieser von Orgelklängen getragenen Welt scheint alles möglich. Das morbide Comic-Artwork stößt das Tor zu geheimnisvollen Sphären auf. Diese bieten ausreichend Raum, sich zu verlieren – oder gelangweilt abzuwenden. Die Näherung an „An Army of Shapes Between Wars“ ist keine leichte Aufgabe. Aber der Herausforderung kann eine faszinierende Horizonterweiterung folgen. Die Neugier, diese zu erleben, liegt jedoch bei jedem selbst.
Wertung: (7 / 10)