Ihre Bedeutung für den Punk mag streitbar sein, die Qualität der ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN als Entertainer dürfte jedoch außerhalb jeder Frage stehen. Fast zehn Jahre bestanden Konrad K. und „Micro“ Bogumil nur mit Schlagzeug und Gitarre, ehe das Personal aufgestockt und ein Bass zugeführt wurde. Das letzte Album als Duo spielten die Niedersachsen 1991ein und knüpften beinahe nahtlos an die Hitfabrik „Im Zeichen des Blöden“ an. Doch „Der Letzte macht die Tür zu“ ist nur partiell ein schematischer Aufguss, wenn in launigen Songs wie „Alibi“, „Du nervst“ oder „Hör auf“ Alltagsprobleme aus Teenager-Perspektive abgehandelt werden.
Mit „Räubermärchen“ findet sich ein ungewohnt politisches Stück auf der Platte, das mit trefflich zusammengereimtem Text gegen die Anfang der Neunziger wiedererstarkte Neo-Nazi-Szene zu Felde zieht. Auffällig ist auch die neuerliche Näherung an, mehr noch das ironische Spiel mit Volksmusik-Klischees, die ob des instrumentalen Zuwachses allerdings erst auf dem Nachfolger „Krieg & Spiele“ voll ausgekostet werden sollten. Die Zeit bis dahin vertrieben die BRIEFTAUBEN durch rockige Vorstöße („Ich will nicht nach Hause“) oder relevante Hits nach hergebrachtem Muster, neben dem Titeltrack insbesondere das finale „Vorbei“. Auch nach bald zwei Dekaden noch ein süffisant sinnfreies Vergnügen.
Wertung: (7,5 / 10)