„No man is an island“, trällerte einst US-Rocker Jon Bon Jovi. Auf den 36-jährigen Will, wohnhaft in London trifft dies allerdings nicht zu. Denn Will ist Single, Star seiner ganz persönlichen „Will Show“ und sehr wohl eine Insel, auf seine ganz spezielle Art und Weise. Will ist sein eigener Herr, sein eigenes Reich, „I´m fucking Ibiza“ heißt es an einer Stelle. Doch zu diesem Zeitpunkt ist jenes Standbild egozentrischer Weltanschauung längst in seinen Grundfesten erschüttert.
Der britische Schauspielstar Hugh Grant verkörpert Will in „About a Boy“, der gelungenen Verfilmung des gleichnamigen Romans aus der Feder von Kult-Autor Nick Hornby. Dabei offenbart er sich dem Zuschauer als Mann, der sich partout weigert erwachsen zu werden, geschweige denn Verantwortung zu tragen. Eine Rolle, die dem heute 41-jährigen wie auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Denn Grant überzeugt seinem Image des Softies zum Trotz in jedweder Hinsicht und vollführt jene erstaunliche wie notwendige schauspielerische Kehrtwendung, die bereits mit der Rolle des machohaften Daniel Cleaver in der Verfilmung von Helen Fieldings Erfolgs-Roman „Bridget Jones“ ihren Anfang genommen hatte.
Doch ist Will nicht das einzige Kind in „About a Boy“, der Reifeprüfung der „American Pie“-Macher Chris und Paul Weitz, da ist noch der 12-jährige Marcus (Nicholas Hoult), in der Schule von allen gehänselt, im Leben von niemandem beachtet. Der vaterlose Junge, durch sein schmuddeliges Hippie-Outfit zum lachhaften Abbild der depressiven Mutter (Toni Collette, „The Sixth Sense“) verkommen, scheint genau die Abart von Mitmensch zu sein, die man allein aufgrund ihrer mangelnden physischen Präsenz mit Freude in Grund und Boden stampfen würde. Über Umwege kreuzen sich die Pfade der beiden Lebenskünstler, denn Will entwickelt eine sportliche Vorliebe für alleinstehende Mütter, erfindet kurzerhand einen zweijährigen Sohn und nimmt fortan an den Treffen einer überwiegend von sitzengelassenen Frauen bevölkerten Selbsthilfegruppe zu diesem Thema teil.
Bei einem gemeinsamen Ausflug der Gebrochene-Herzen-Fraktion ist auch Marcus zugegen. Doch endet das erste Aufeinandertreffen der beiden grundverschiedenen Eigenbrötler damit, dass Will, Marcus und Susie, enge Freundin von Marcus Mutter Fiona, eben jene mit den Überresten einer Überdosis Schlaftabletten bekotzt auf der heimischen Couch vorfinden. Im Laufe der Geschichte kommen sich Will und Marcus näher, eher aus Kalkül des Jungen denn aus Einflussnahme des ausgewachsenen Faulenzers. Denn Will tut nichts, rein gar nichts, streicht Tantiemen für ein bekanntes Weihnachtslied ein, welches sein Vater einst verfasste, und lebt sorglos in jeden neuen Tag seines Snobismus hinein. Doch plötzlich sticht Will nie dagewesenes Verantwortungsbewusstsein. Er nimmt Marcus unter seine Fittiche, nichts ahnend das dieser Anflug zwischenmenschlicher Fürsorge sein ganzes Leben auf den Kopf stellt und den Einzelgänger endlich dazu veranlasst, der harten Realität des Erwachsenwerdens und der charakterlichen Weiterentwicklung ins Auge zu blicken.
Gottlob (weitgehend) frei von Kitsch inszeniert, zieht sich unterschwellige Melancholie wie ein roter Faden durch die Geschichte. Denn es ist nun wahrlich nichts komisches an der Tatsache zu finden, mit Mitte dreißig in seinem Leben rein gar nichts erreicht oder bewegt zu haben. Aber sowohl die beiden Regisseure als auch ihr gut aufgelegter Hauptdarsteller meistern diese Gradwanderung zwischen Gefühl und Humor mit Bravour und lassen sich den Zuschauer darüber hinaus immer wieder in den Handlungsräumen der exzellenten Darsteller wiederfinden. Und das nicht zuletzt, weil Will und Marcus den Betrachter durch fortwährende Off-Kommentare an ihrem Gefühlsleben teilhaben lassen. Doch die beiden Ich-Erzähler stehen dem Voranschreiten der Geschichte nie im Wege und spiegelt den Geist der Vorlage zudem trefflich wider. Diese wurde denn auch bis auf einige kleine Eingriffe erfrischend getreu für die Leinwand adaptiert.
Wohlwollend aufgenommen wurde in diesem Zusammenhang vor allem der Verzicht auf das unentschlossen und unausgereift anmutende Ende der Vorlage, das in der filmischen Version des Stoffes nun einem Finale gewichen ist, das Hauptaugenmerk auf die charakterlichen Wandlungen der Figuren legt. Die tolle Besetzung, zu der auch die als Wills späteres Love Interest fungierende Rachel Weisz („Enemy at the Gates“) zählt, steuert indes den wohl größten Teil zum Gelingen von „About a Boy“ bei. Die Gebrüder Weitz haben den Spagat zwischen emotionaler Hintergründigkeit und Humor gekonnt gemeistert und obendrein Abschied genommen von flachen Teenagerzoten. Dass sie dabei auch noch Hugh Grant vor einer endgültigen Karrierestagnation bewahrt haben, bleibt ihnen hoch anzurechnen. Doch trotz alledem steht ihr Film für großes Unterhaltungskino, dem man sich nur schwerlich entziehen kann. Wer allerdings nach dem Besuch des Films noch immer nicht genug hat, dem sei an dieser Stelle wärmstens die Romanvorlage empfohlen. Denn dort gibt es noch einiges mehr zu entdecken.
Wertung: (7,5 / 10)