A Wilhelm Scream – Lose Your Delusion (2022, Creator-Destructor Records)

Die weitergehende Entwicklung von A WILHELM SCREAM war abzusehen: metallischer, verspielter, komplexer. Die neun Jahre nach ihrem letzten Langspieler („Partycrasher“, 2013) haben die Hardcore-Punks aus Massachusetts genutzt, um ihren Sound zielgerichtet zu verändern. Die spannende Frage war, wie weit sie dabei gehen würden. Die Antwort darauf gibt „Lose Your Delusion“, fünftes Album des Quintetts (unter diesem Namen), bereits mit dem ausladenden, über rockige Gitarrenlinien langsam aufgebauten „Acushnet Avenue At Night“. Denn der Startschuss macht deutlich: knackige Hits sind mit A WILHELM SCREAM nicht (mehr) zu machen.

Die Atmosphäre nimmt auf „Lose Your Delusion“ einen wesentlichen Stellenwert ein. Geprägt wird sie von insgesamt gedrosseltem, darüber aber nicht weniger variablem Tempo – und einem erneuten Mehr an Gesangswechseln, das Gitarrist Trevor Reilly noch üppigeren Vokal-Anteil beschert als auf dem Debüt „Mute Print“ (2004). Doch auch wenn sich Frontmann Nuno Perreira bisweilen zurücknimmt, ist die Platte unverkennbar A WILHELM SCREAM. Für das vielschichtigere Nebeneinander von Härte und Melodie stehen dabei Kracher wie „The Enigma“, „Gimme the Shakes“, das mit überraschend poppigem Hintergrund-Chor (und dezenter POLAR BEAR CLUB-Anmutung) versehene „Figure Eights in My Head“ oder das Titelstück.  

Den progressiven Reifeprozess unterstreichen selbst Hardcore-lastige Beitrag wie „…And Big Nasty Was It_s Name-O“ und „Apocalypse Porn“, die ebenfalls vertrackter und damit nicht allein auf die kontrastierende Eskalation ausgelegt scheinen. Mit erhöhtem Metal- und Rockanteil (siehe exemplarisch „Be One to No One“) folgen A WILHELM SCREAM Bands wie PROPAGANDHI oder STRUNG OUT – und stützen den Reiz ihrer Musik damit nachhaltig. Die Schattenseite, wenn man sie denn als solche bezeichnen mag, ist eine gewisse Reduktion der Eingängigkeit. Nur wird sich an der einzig stören, wer Punk und Metal am liebsten getrennt betrachtet. Gemessen daran waren A WILHELM SCREAM aber noch nie die geeignete Richtschnur.      

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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