„Scores have to be settled.“ – Frank
Oscar-Preisträger Nicolas Cage bleibt ein Enigma. Dass er noch immer zu schauspielerischen Glanzleistungen fähig ist, zeigen etwa der Revenge-Horror „Mandy“ (2018) oder die Komödie „Massive Talent“ (2022), in der sich der Fließband-Akteur gleich selbst mimte. Das Gros der Werke mit seiner Beteiligung bleibt trotzdem belanglose B-Kost, in der Cage, anders als karrieristisch vergleichbar strauchelnde Kollegen wie John Travolta, ungeachtet jeder Güteklasse meist vollen Einsatz offenbart. Das imponiert auch bei „A Score to Settle“, einem Rache-Drama mit elegischem Erzählrhythmus und tragischem Hauch.
Der von Shawn Ku („Beautiful Boy“) inszenierte und Co-verfasste Film bleibt inhaltlich vom Selbstjustiz-Appendix überschattet. Dafür steht auch das Poster: Cage mit Blessuren und Baseballschläger. Und dann ist da natürlich der Titel, der eindeutig von der zu begleichenden Rechnung kündet. Dem Charakter des Independent-Werks entspricht das nur entfernt. Dabei scheint das Motiv der Vendetta geradewegs klassisch: Fast zwei Jahrzehnte hat Cages Frank Carver für einen Mord im Knast gesessen, den Gangster Max (Dave Kenneth MacKinnon, „A Mother’s Fury“) begangen hat. Eigentlich sollten es nur wenige Jahre sein, für die er üppig entlohnt werden sollte. Am Ende wurde es lebenslänglich.
Aufgrund einer unheilbaren Erkrankung wird er jedoch vorzeitig entlassen. Oberstes Ziel scheint für Frank, einen festen Platz im Leben seines mittlerweile erwachsenen Sohnes Joey (spielte neben Cage später auch in „The Old Way“: Noah Le Gros) einzunehmen. Von seinem Plan, jene büßen zu lassen, die ihn hintergingen, rückt er darüber allerdings nicht ab. Die Familienvereinigung bürgt für ungeschminkte emotionale Momente, in denen Cage und Le Gros sehenswert harmonieren. Daneben scheint Frank zwischenmenschliche Nähe nur mit der Prostituierten Jennifer (Karolina Wydra, „Sneaky Pete“) möglich. Doch offenbart sich gerade in dieser flüchtigen Episode sein schmaler Grat zwischen krankheitsbedingter Halluzination und Wirklichkeit.
Mitunter scheint es, als würden die erzählerischen Ebenen nur schwer ineinandergreifen. Dafür steht auch der brutale Eröffnungsrückblick, in dem der junge Frank passend von Cages Neffen Bailey Coppola („Sacred Blood“) gespielt wird. In der Gegenwart sucht Frank Erlösung. Mit Hilfe seines alten Freundes Q (Benjamin Bratt, „Shot Caller“) hofft er diese in der Erfüllung seiner Rache zu finden. Der Weg dorthin verlangt Geduld, liefert im Zuge schmerzlicher Wendungen aber nur die Erkenntnis der eigenen Schuldhaftigkeit. Gewalt setzt Ku mit Bedacht ein, kann die sparsamen Actionszenen aber nicht so umsetzen, dass die Radau-Klientel mit „A Score to Settle“ ins Reine geraten könnte. Wer das bittere Drama als das zu nehmen weiß, was es entgegen seiner Vermarktung ist, wird mit einem stark aufspielenden Cage belohnt. Nicht zwingend mehr, aber auch keinesfalls weniger.
Wertung: (5,5 / 10)