Schottland fasziniert. Sieht man von der sonderbaren Männermode und der traditionellen Innereiküche ab, machen der gute Whisky und die atemberaubenden Highlands einiges wieder wett. Die Letztgenannten eignen sich natürlich wunderbar zum Klettern, was die fünfköpfige Bergsteiger-Clique um Alison (Melissa George, „30 Days of Night“) zu waghalsigen Kraxelpartien animiert. Auf dem Weg zum nächsten Trip nimmt die Truppe während einer Sandwich-Pause im Wald ungewöhnliche Geräusche wahr. Kurz darauf stoßen sie auf ein aus dem Boden ragenden Rohr, welches anscheinend als Atemhilfe fungiert. Der Beginn eines Alptraums nach (scheinbarer) Vorgabe des Backwood-Horrors.
Aus der Erde befreien sie ein verängstigtes Mädchen (Holly Boyd), das kein Wort Englisch versteht. Schnell dämmert der Gruppe, dass Ana, so der Name der Kleinen, Opfer einer Entführung sein muss. Und so dauert es nicht lange, bis sie die Kidnapper Mr. Kidd (Sean Harris, „Harry Brown“) und Mr. Mcrae (Stephen McCole, „Rushmore“) am Hals haben. Immerhin geht es um sechs Millionen Euro und da verstehen die skrupellosen Banditen keinen Spaß. Anas Vater, ein serbischer Geschäftsmann – und Serben sind bekanntlich nicht allein in Hollywood samt und sonders der dunklen Seite der Macht verfallen – noch weniger. Denn er setzt den Söldner Andy (Eamonn Walker, „Lord of War“) auf die Entführer an.
Regisseur Julian Gilbey legt sich offenbar ungern auf ein Genre fest. Schließlich gehen doch auch der spaßige Zombie-Splatter „Doghouse“ und der im Hooligan-Milieu angesiedelte Gangster-Thriller „Rise of the Footsoldier“ auf sein Konto. Mit „A Lonely Place to Die“ begibt er sich in klassische Thriller-Gefilde, lässt es sich aber zuvor nicht nehmen, den Zuschauer an der Nase herumzuführen. Wer unlängst in den Genuss des französischen Survival-Horrors „High Lane“ kam, dürfte sich im ersten Drittel sicher sein, dass bald ein degenerierter Hinterwäldler aus dem Gebüsch hüpfen muss. Aber diese Erwartung wird nicht erfüllt, was angesichts des überfüllten Backwood-Genres nicht einmal die schlechteste Entscheidung ist.
Der tollkühne Kletter-Trip ist zu Beginn sehr effektiv und spannend in Szene gesetzt. Die auf die Befreiung Anas folgende Hetzjagd durch die Kidnapper durch die toll fotografierte Landschaft Schottlands lässt es zudem nicht an Tempo mangeln. Leider wird im letzten Akt, der die Handlung in ein Dorf verlegt, ein Gutteil des gelungenen Vorlaufs zunichte gemacht. Gegenüber der Naturkulisse fällt die überschaubare Ansiedlung atmosphärisch doch um einiges ab und auch hätte der Showdown ruhig etwas kürzer ausfallen dürfen. Schlecht ist „A Lonely Place to Die“ sicherlich nicht. Aber am Ende spielt der ruppige Thriller seine Möglichkeiten leider nicht konsequent aus.
Wertung: (6 / 10)