30.11.2007 – The Ocean / Intronaut / War From A Harlots Mouth / Tephra / IRA – Berlin, Pirate Cove

Metal-Extrem, heut mal im Taka-Tuka-Land. Die Pirate Cove in Berlin Kreuzberg ist schon ein seltsames Pflaster. Als Location durchaus reizvoll, in seiner „Fluch der Karibik“-Aufmachung aber geschmacklich grenzwertig. Mit dem gastierenden Bandbundle wurde der Schuppen dann endlich einmal proppevoll – und prompt ging die gesamte Abendplanung bereits im Vorfeld über die Planke. Fünf Bands, allesamt für komplexe Songstrukturen bekannt, lassen sich eben nicht mit jeweils 20 Minuten Spielzeit abspeisen.

Der frühzeitige Beginn war für halb neun angesetzt. Los ging es um zehn. Trotz klirrender Hauptstadtkälte wurde das wartende Volk aber nicht eingelassen, das wäre ja als Akt der Vernunft zu erachten gewesen, sondern vom Eingang erst noch einmal weggescheucht. Das Abklopfen des Publikums kann man ja schließlich nicht unmittelbar am Einlass machen! Darauf ’ne Buddel voll Rum. Als endlich der Startschuss fiel, waren IRA die Ersten im Bund(l)e. Die Darbietung der Konstanzer verlief etwas schleppend. In der Instrumentierung blieb der komplexe Rock zwischen Indie und Metal ohne Tadel. Als Manko entpuppte sich lediglich der klare, beizeiten etwas monoton abgespulte Gesang.

Mit solchem haben TEPHRA nichts am Hut. In ihrem Lager wird einfach unmelodisch geschrien und dazu düster verspielt instrumentiert. Die Stimmung stieg, der Lärmpegel auch. Die Braunschweiger setzten mit ihrer vertrackten Metal/Post-Hardcore-Melange ein erstes Ausrufezeichen. Und das wurde so schnell auch nicht aus dem Weg geräumt. Bei WAR FROM A HARLOTS MOUTH, eingesprungen für ELISION, bereitete sich THE OCEAN-Frontmann Nico schon mal auf den Abschluss des Abends vor und beschrie die abgründige Verbindung verschiedener Metal-Stile. Da wurde gekreischt und gegrollt, musikalisch der Teufel an die Wand gepinselt und der Niedergang der Zivilisation begangen.

Die Akustik war, wie eigentlich bei jeder Band, mit dem nötigen Druck versehen, nur ging den Berlinern ein bisschen jener Begeisterungsfähigkeit verloren, die sie auf ihrem Debüt „Transmetropolitan“ auszeichnet. Mit INTRONAUT folgte die einzige Combo aus dem Ausland, respektive Amerika. Bei ihnen ging es wieder eine Spur geordneter zu. Die Vocals beschränkten sich auf wütendes Grollen, die Spielweise gab sich härter, dafür aber auch merklich strukturierter. Der Vierer aus Los Angeles überzeugte, riss dabei aber nicht zwangsläufig vom Hocker. Die Stimmung war noch immer gut, nur zieht auch diese Truppe auf Platte einfach mehr mit.

Als Headliner ließen sich THE OCEAN schon fast ärgerlich viel Zeit. Es dauerte gut 50 Minuten, ehe sie nach ausgiebigem Bühnenumbau ihr Programm begannen. Die Zeiger näherten sich bereits der 2 Uhr-Marke, was im Publikum erste Anzeichen von Erschöpfung nährte. Nicht so bei den Musikern, die ihrem Sänger einen zweiten Durchlauf durch verschiedene Stadien des ekstatischen Grummelns bescherten. Der Abend stand unter der Veröffentlichung ihres jüngsten Prachtwerks „Precambrian“, einem zweigeteilten Konzeptalbum über die Entwicklungsstadien der Erde in der Urzeit. So durfte auch das Publikum, sofern nicht der Ermüdung nahe, an diesem extravaganten Experiment teilhaben.

Der Schreiber dieser Zeilen verabschiedete sich – wie manch anderer auch – vorzeitig. Der doomige Abriss der Prähistorie gestaltete sich einnehmend, komplex und soundtechnisch verschwurbelt. Kurzum faszinierend, was sicher noch besser funktioniert hätte, wenn sich nicht bald schon wieder der frühe Morgen angekündigt hätte. In der Summe verlangten die Combos ihrem Publikum einiges ab. Geboten würde dafür ein hochwertiger Einblick in die kreative Abseitigkeit der deutschen Musikszene. Und wer weiß, falls sie nicht entschlafen sind, spielen sie möglicherweise noch immer.

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